Zu kalt für den Eisberg Kältewelle im Mittelmeerraum macht Gemüse teurer
Berlin (dpa) - Was haben Frost in Süditalien und Sturzregen in Spanien mit deutschen Mittagsessen zu tun? Sie sorgen dafür, dass seit einigen Wochen deutlich weniger Zucchini, Brokkoli und Eisbergsalat auf dem Teller landen - zumindest in preisbewussten Haushalten.
Dieses Gemüse stammt im deutschen Winter fast ausschließlich aus dem Mittelmeerraum. Und da bedroht eine Kältewelle große Teile der Ernte. Das bringt böse Überraschungen im heimischen Supermarkt.
Am deutlichsten sieht man das beim Eisberg-Salat. Ein Kopf kostete nach Zahlen der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) im vergangenen Winter nur 65 Cent. Jetzt sind es - in der gleichen Woche Ende Januar - satte 2 Euro. Auch Brokkoli sei im Supermarkt gerade dreimal so teuer wie 2016, Zucchini fast ebenfalls.
Für viele komme das überraschend, meint der Berliner Großmarktchef Dieter Krauß. „In Deutschland ist man so hohe Preise nicht gewöhnt“, sagt er. Normalerweise sei Obst und Gemüse das ganze Jahr über vergleichsweise billig - und der Verbraucher entsprechend verwöhnt.
Doch in Süditalien brachen in den vergangenen Wochen die Plastiktunnel auf den Gemüseplantagen unter Schnee und Eis zusammen. Artischocken, Brokkoli, Blumenkohl, Auberginen - alles hinüber. In Spanien war das Wetter zu nass und zu kalt für den Eisberg-Salat.
„Zugleich ist Spanien in den Wintermonaten unser wichtigster Lieferant“, erläutert die AMI-Gartenbauexpertin Birgit Rogge. Drei Viertel des Obstes und fast zwei Drittel des in Deutschland konsumierten Gemüses werden importiert. Im vergangenen Jahr waren das 5,4 Millionen Tonnen Obst und 3,3 Millionen Tonnen Gemüse. Das meiste kommt aus Spanien und Italien, auch aus Frankreich und den Niederlanden.
Wenn die Gemüsebauern dort weniger Salat liefern können, merkt man das im Supermarkt. Bei Tesco in Großbritannien, erzählt Großmarktchef Krauß, sei Eisbergsalat gerade auf zwei Köpfe pro Einkauf rationiert worden. „Sowas ist in Deutschland zwar unwahrscheinlich“ sagt der Präsident des Deutschen Fruchthandelsverbands. „Aber er wird teuer.“ Nach AMI-Einschätzung dürften die hohen Preise noch Monate anhalten, da das extreme Wetter auch junge Triebe zerstört und neue Aussaat verhindert.
Die hohen Preise, so erwarten die Händler, schrecken die besonders preissensiblen deutschen Verbraucher vom Kauf ab. Und das ist einem Land, in dem ohnehin schon viel zu wenig Obst und Gemüse auf den Teller kommt. 650 Gramm pro Kopf und Tag empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. 237 Kilogramm wären das im Jahr. Zuletzt schafften die Verbraucher in Deutschland nur 160 Kilogramm - allerdings pro Haushalt, in dem meist mehrere Menschen mitessen.
Ein Grund sei, dass Obst und Gemüse häufig mit erhobenem Zeigefinger angepriesen werde, meint Krauß. Außerdem wüssten viele eben nicht, was man mit Süßkartoffeln kochen könne, wie man Mangos richtig lagere oder wann eine Avocado reif und auch lecker sei. „Dann essen sie sie unreif - und danach auch nie wieder.“ Auch der wachsende Trend zu vegetarischem und veganem Essen sei an der Gemüsetheke kaum spürbar.
Und zu was würden die Fachleute preisbewussten Gemüse-Fans derzeit raten? Gemüse, das im Herbst in Deutschland geerntet und jetzt aus dem Lager verkauft werde, sei vergleichsweise günstig, sagt Gartenbau-Expertin Rogge. Weißkohl sei gerade 24 Prozent billiger als im Vorjahreszeitraum, Möhren 7 Prozent. Also weniger leichte mediterrane Küche, sondern mehr deftige deutsche Hausmannskost.