Produktinfos zu kompliziert - Bafin kritisiert Beipackzettel der Banken

Seit Juli müssen Banken ihren Kunden bei einer Anlageberatung in Wertpapieren ein Produktinformationsblatt zur Verfügung stellen, wenn sie eine Kaufempfehlung aussprechen. In ihrer bisherigen Form taugen sie offenbar nicht viel, beklagt auch die Finanzaufsicht Bafin, die Infoblätter untersucht hat.

Düsseldorf. Zu kompliziert geschrieben und zu wenig konkret gerade bei den Kosten der Geldanlage — das sind die Hauptkritikpunkte der Bafin an den „Beipackzetteln“. Sie hat seit dem 1. Juli 2011 — dem Start der Gesetzespflicht — eine „repräsentative Anzahl an Informationsblättern von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten zu unterschiedlichen Finanzinstrumenten“ unter die Lupe genommen, so die Bafin auf Anfrage von biallo.de. „Die Überprüfung der Informationsblätter ergab, dass sie nur eingeschränkt vergleichbar sind“, sagte Bafin-Abteilungsleiter Günter Birnbaum der Zeitung „Die Welt“. Birnbaum äußerte sich öffentlich allerdings nicht dazu, welche Finanzdienstleister mit ihren Beipackzetteln besonders gut oder schlecht abgeschnitten haben.

Die von der Bafin aufgezeigten Probleme mit den Beipackzetteln seien „nicht akzeptabel“, kritisierte auch das Bundesverbraucherschutzministerium. Es könnte nun mit dem Finanzministerium demnächst genauere Anforderungen an die Beipackzettel per Rechtsverordnung festlegen. Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK), der Spitzenverband der deutschen Bankenverbände, lehnte einen Kommentar zur Kritik an den Infoblättern ab.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) fordert im übrigen schon seit geraumer Zeit einheitliche Standards und sehr konkrete Vorgaben für die Produktinformationsblätter (PIB), da sonst die Vergleichbarkeit von Produkten für Kunden nicht möglich sei. Sie verlangen daher Standardformulierungen für bestimmte Sachverhalte.

Ein vergleichbares Beispiel fand sich kürzlich in der Financial Times Deutschland. Bei Medikamenten sei die Formulierung „nicht über 25 Grad lagern“ seitens der zuständigen Behörden vorgegeben; es dürfe daher im Beipackzettel nicht heißen, das Medikament könne „bei abweichenden Temperaturen unter Umständen einen Effizienzverlust aufweisen“. Unter der ersten Formulierung kann man sich genau etwas vorstellen, unter der zweiten nicht — aber genau solche Formulierungen finden sich offenbar in den Infoblättern zuhauf.

Die Produktinformationsblätter sind „Beipackzettel“ zu Wertpapieren, die im Rahmen einer Anlageberatung von Banken und Finanzdienstleistern empfohlen werden. Die Informationen müssen rechtzeitig vor Abschluss des Geschäfts dem Verbraucher zur Verfügung gestellt werden — etwa, indem der Bankberater seinem Kunden das Schriftstück in die Hand drückt oder indem er ihn auf eine Fundstelle im Internet verweist. Kunden von Direktbanken, die ohne Beratung Wertpapiere kaufen und verkaufen, müssen kein Infoblatt erhalten. Allerdings bieten manche Institute, wie etwa die ING-Diba oder Cortal Consors, die Papiere auf freiwilliger Basis an.

Die Infoblätter dürfen maximal zwei bis drei Seiten lang sein und sollen in aller Kürze einen Überblick über die wichtigsten Details und Eigenschaften eines Anlageprodukts bieten — bei komplexen Produkten kein leichtes Unterfangen. Dazu zählen insbesondere Informationen über die Risiken der empfohlenen Geldanlage, die Renditenchancen und — ganz wichtig — die Kosten des Produkts. Die Finanzdienstleister haben aber bisher großen Gestaltungsspielraum, wie sie die inhaltlichen Vorgaben erfüllen.

Die Produktinformationsblätter gelten nur für Wertpapiere, also zum Beispiel Aktien, Zertifikate und Anleihen. Für Investmentfonds im besonderen greifen die EU-Vorschriften für das „Key Investor Information Document“ (KID), zu deutsch „Wesentliche Anlegerinformation“, die etwa bei den Angaben zum Risiko der Anlage detailliertere Vorschriften vorsehen. Das Dokument ersetzt den sogenannten vereinfachten Verkaufsprospekt.

Infoblätter für Tagesgeld und Banksparpläne wohl erst ab 2012
Für andere Anlageprodukte, die nicht Wertpapiere sind, also zum Beispiel Tagesgeldkonten oder Banksparpläne, müssen keine Infoblätter erstellt werden. Auch für so komplexe und riskanten Anlagen wie etwa Geschlossene Fonds muss derzeit — noch — kein Infoblatt ausgehändigt werden. Das soll sich aber ändern durch die Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts, das aller Voraussicht nach 2012 in Kraft tritt. Künftig werden auch für sie ebenfalls Informationsblätter Pflicht. Der vom Bundestag bereits verabschiedete Gesetzesentwurf sieht vor, dass ein Anbieter, der im Inland Vermögensanlagen öffentlich anbietet, vor dem Beginn des öffentlichen Angebots neben dem Verkaufsprospekt auch ein Vermögensanlagen-Informationsblatt erstellen muss. Dieses ist zeitgleich mit dem Verkaufsprospekt bei der Bafin zu hinterlegen. Die Bafin untersagt die Veröffentlichung des Verkaufsprospekts, wenn sie Anhaltspunkte dafür hat, dass kein Vermögensanlagen-Informationsblatt hinterlegt wurde.

Von Anfang an war es umstritten, ob Verbraucher wirklich von den Beipackzetteln profitieren. Sie müssen bei Anlageberatungsgesprächen zum Einsatz kommen — doch was, wenn der Berater das Anlagerisiko, das im PIB zwar korrekt dargestellt wird, mündlich verniedlicht? Der Nachweis einer Falschberatung könnte für Verbraucher sogar schwieriger werden, die Beipackzettel nützten daher eher den Banken als den Kunden, befürchten zum Beispiel Anlegeranwälte.

Tipp: Privatkunden sind gut beraten, sich die Infoblätter vor dem Kauf eines Finanzprodukts genau anzuschauen. Sie enthalten auf jeden Fall gebündelt eine Menge wichtiger Informationen zum Produkt. Vor allem die Angaben zum Risiko sollte man genau studieren. Anleger haben somit die Gelegenheit, die Empfehlung ihres Beraters kritisch zu hinterfragen — vor allem, wenn der Berater im Gespräch allzu euphorisch die Chancen des Produkts herausgestrichen hat. Eine Bank, die in den Beipackzetteln mit konkreten und verständlichen Informationen aufwartet, schafft auf jeden Fall mehr Vertrauen.