Drastische Auswirkungen auf viele Sparten Starke Einbrüche in der Luxusindustrie während der Corona-Krise
Die Luxusbranche gilt unter vielen Investoren als eine verhältnismäßig stabile und sichere Industrie. Wer bereits sehr wohlhabend ist, spart auch bei Krisen nicht an gutem Essen, schöner Kleidung oder stilvollen Accessoires. Die Corona-Krise als Reaktion auf das Virus ist in ihrer Art eine untypische Krise. Sie entstammt nicht der Finanzbranche, sondern legt auf einen Schlag große Teile der Realwirtschaft lahm. Die Auswirkungen auf viele Sparten im Luxusbereich sind drastisch. Wie hart trifft die Corona-Krise den Luxussektor wirklich und welche Aussichten auf Erholung gibt es?
Die ungleiche Verteilung des Luxussektors weltweit
Die Vorstellung, dass die meisten Luxusgüter im reichen Westen verkauft werden, ist veraltet. Tatsächlich macht der chinesische Markt heute den größten Teil des Umsatz auf. Er überholte bereits 2021 Japan und wuchs weiter an. Umso härter trifft die Branche heute das Virus, weil China natürlich am härtesten und als erstes von den veränderten Gegebenheiten betroffen war. Zwar gibt es heute bereits erste Lichtblicke bei der Virusbekämpfung in China. Von einer deutlichen, wirtschaftlichen Erholung kann man aber nach wie vor nicht die Rede sein. Zu stark waren die Schockwellen, mit denen die Virusmaßnahmen Privatverbraucher, Unternehmer und die gesamte nationale Konsumgesellschaft getroffen hat.
Wachstumsfaktor China
Besonders die Volksrepublik China - also ohne Hongkong, Macau und Taiwan - verzeichnet enorm hohe Wachstumsraten. Brancheninsider schätzen, dass 90% des Wachstums im Luxussegment im Jahr 2019 in China gemacht wurden. Umgekehrt wachsen die westlichen Märkte nur schwach, in manchen Fällen kommt es sogar zu Umsatzeinbußen. Durch die Krise ist auch das zukünftige Wachstum betroffen, welches jetzt nun wieder auf einem weit niedrigeren Punkt startet. Für die Aktienkurse der Burberry Group und anderen Firmen im Luxusbereiche bedeutet das, dass der Wachstumsmotor Nummer Eins gerade einbricht und viel Zeit für Erholung braucht. Ein weiteres Einknicken der Kurse ist deshalb durchaus realistisch - Trotz Intervention der Notenbanken FED und EZB.
Rettet Online-Verkauf die Branche?
E-Commerce, also der Verkauf von Produkten online, dämpft das negative Wachstum in vielen Bereichen. In der Luxusbranche scheinen jedoch andere Faktoren weit wichtiger zu sein, die jetzt das Konsumverhalten ändern. Das betonen auch Brancheninsider, etwa bei Louis Vuittons. Die ehemalige Spitzenfunktionärin Pauline Brown bestätigt in einem Interview auf Englisch, dass der Kauf in dem Segment primär durch psychologische Faktoren erfolgt. Fehlt das Gefühl von Sicherheit durch die Krise, bleiben auch die Käufe aus.
Elementar ist beim Luxusshopping aber natürlich auch das Erlebnis Einkaufen. Das Einreiseverbot für Touristen und Geschäftsleute aus China ist hier natürlich ebenfalls ein wichtiger Faktor. Die Umsätze im Luxussegment in westlichen Staaten werden zu einem nicht unwesentlichen Teil von asiatischen und im Besonderen chinesischen Touristen getragen. So wird der Markt doppelt geschwächt. Die darauffolgenden Quarantänebestimmungen auch für Inländer haben zur Schließung der Luxusgeschäfte geführt.
Einbußen auch im sonst so soliden Uhrengeschäft
Modelle von Breitling und anderen prestigeträchtigen Marken wurden in den letzten Jahren immer häufiger über das Internet gekauft. Doch selbst die sonst so stabilen Verkäufe von Luxusuhren sind seit dem Corona-Crash deutlich schwächer als sonst. Der Umsatz in China crashte als erstes, Importeure aus Europa weigerten sich, weiter in das Land einzufliegen. Die Blütezeit in China für Uhrenhersteller im Premiumsegment scheint bereits vorbei zu sein. Durch Anti-Korruptionsregelungen ist es heute bei vielen Geschäften nicht mehr von Vorteil, eine teure Uhr als Beigeschenk mitzubringen. Besonders Schweizer Modelle wie Rolex, Breitling und TAG Heuer litten unter der neuen Regelung. Durch die Krise sind sie noch einmal am chinesischen Markt zurückgefallen. Ein Analyst für die Luxusbranche geht von einem Umsatzeinbruch von zumindest 30 Prozent für das erste Quartal 2020 aus.
Keine “Aufholjagd” nach verkaufsarmen Monaten
Sind zum Beispiel Lieferketten bei Discountern unterbrochen, gibt es im Nachhinein unmittelbar weit mehr Nachfrage als sonst. Anders ist das im Luxussegment. Käufer, die während der Quarantäne und der Einschränkung der Reisefreiheit nicht wie sonst gekauft haben, kaufen anschließend nicht mehr. In dem Aspekt trifft das Virus die Branche weit härter, als es vermutlich andere Industrien treffen wird. Die Quarantänezeit wird so zu verschwendeten Monaten, die später nicht ausgeglichen werden.
Ausblick: Die realwirtschaftlichen Auswirkungen kommen großteils noch
In der Luxusbranche brachen zahlreiche Marken am Aktienmarkt ein. Die großen, realwirtschaftlichen Konsequenzen treffen jedoch vermutlich noch ein. Das betrifft das Luxussegment, aber auch die gesamte restliche Wirtschaft. Denn mit der steigenden Anzahl an Menschen in der Arbeitslosigkeit, sinkt entsprechend auch der Konsum im Online-Handel und in den derzeit offenen Supermärkten. In den Vereinigten Staaten sind seit dem Beginn der weltweiten Pandemie mehr als 6 Millionen offiziell Arbeitslose hinzugekommen. Somit ist die Arbeitslosenquote hier auf einem Stand wie seit Jahrzehnten nicht.
Tatsächlich ist sogar in Österreich die Zahl der Arbeitslosen rapide gestiegen. Trotz massiver finanzieller Unterstützung und Stundungen ist die Zahl der Arbeitslosen auf mehr als 550.000 angestiegen (05.04.2020). In Deutschland steht der Anstieg von Arbeitslosigkeit offenbar noch bevor.
Umstellung der Produktion: Luxusmarken reagieren auf die Krise
Ohne Frage reagieren die größten Anbieter von Luxusprodukten. So produziert zum Beispiel Prada 110.000 Atemmasken und 80.000 Arztkitteln in Fabrikhallen, die zuvor der Herstellung von Accessoires im Luxusbereich gedient haben. Der vergleichsweise günstige Anbieter H&M möchte demnächst Schutzkleidung für Spitäler produzieren. Die Luxusmarke Balanciaga möchte unter Einhaltung aller hygienischen Schutzmaßnahmen Atemmasken produzieren. Diese sollen direkt für das französische Gesundheitssystem produziert werden.
Die bekannte Marke Gucci gehört zum Kering-Konzern. Sie ist durch das Virus besonders betroffen, gilt Italien doch als das am stärksten betroffene Land in Europa. LMVH, die Firma hinter Louis Vuittons stellt bereits heute Desinfektionsmittel her, die in Krankenhäusern weltweit zum Einsatz kommen sollen.
Die Branche ist geschwächt - Aber nicht ohne Plan
Die Luxusbranche ist sicherlich aus den größten Herausforderungen noch lange nicht heraus. Gleichzeitig machen zahlreiche Firmen aus der Not eine Tugend und produzieren Produkte, die jetzt dringend gebraucht werden. Die Branche steht klar geschwächt da, hat aber einen Schlachtplan, der vernünftig scheint. Als Anleger ist die Luxusindustrie nach wie vor interessant. Trotz der Umstrukturierungen ist Louis Vuittons, Prada und Co. sicherlich noch nicht am Ende des Tunnels angelangt. Einen vorerst weiter fallenden Kurs zu erwarten, scheint in der derzeitigen Situation absolut realistisch. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden die Riesen der Branche die Krise durchstehen und innerhalb weniger Jahre wieder auf dem vorherigen Wachstumskurs fahren.