Verbraucherschützer kritisieren Tricks von Strom-Discountern

Bonn (dpa) - Billigstrom-Anbieter mit Vorkasse für ein ganzes Jahr sind nach den Pleiten von Teldafax und Flexstrom selten geworden. Trotzdem wird im Discount-Segment weiter mit Haken und Ösen um Kunden und Gewinne gekämpft, warnen Verbraucherschützer.

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Stromdiscounter locken mit Kampfpreisen - doch im Kleingedruckten der Verträge kann sich viel Ärger verbergen. Manche Billiganbieter tricksen massiv im Kampf um Kunden und Gewinne, warnen etwa Experten der Verbraucherzentrale NRW und der Stiftung Warentest.

Daran hat sich auch nach der breiten Berichterstattung über die spektakulären Pleiten der Vorkasse-Stromanbieter Teldafax und Flexstrom nichts geändert. Vor allem um die hohen Boni für Neukunden, die Anbieter als Köder für den Wechsel nutzen, gibt es häufig Streit.

Manche Firmen versuchen später, sich um die Zahlung der Sonderrabatte zu drücken, wie der Energierechtsexperte Jürgen Schröder von der Verbraucherzentrale NRW berichtet. Versorger beriefen sich auf wenig nachvollziehbare Ausschlussgründe oder gaukelten den Kunden mit intransparenten Rechnungen vor, sie hätten den Nachlass bekommen.

„Viele Billigstrom-Anbieter machen im ersten Vertragsjahr zunächst keinen Gewinn, bitten den Kunden aber in den Folgejahren kräftig zur Kasse“, heißt es in einer Studie der Unternehmensberatung A.T. Kearney von Ende 2012. Damit sich das Geschäft am Ende rechne, würden den Kunden nach dem ersten Jahr lange Anschlusslaufzeiten untergejubelt oder die Preise im zweiten Jahr stark erhöht, fand die Stiftung Warentest 2014 heraus. Nur 2 von 49 Billigstrom-Tarifen bezeichneten die Tester in der Untersuchung als fair.

Aktuell konzentrierten sich viele der Beschwerden auf wenige Firmen, darunter eine Unternehmensgruppe aus Köln, sagt Schröder. Den Anbieter mit einem Geflecht von Unternehmen und Marken haben die Verbraucherschützer wegen der aus ihrer Sicht windigen Praktiken erst abgemahnt, dann beim Landgericht Köln verklagt (Az.: 31 O 514/2014).

Auch die Bundesnetzagentur ermittelt gegen ein Unternehmen aus dieser Gruppe. Grund seien unter anderem zahlreiche Beschwerden über verspätete Abrechnungen, sagte ein Sprecher der Bonner Behörde. Damit werde den Kunden eine fristgerechte Kündigung erschwert. Bei dem Unternehmen war auf Nachfrage niemand zu erreichen.

Die Tricks sind zuweilen ausgefeilt: Ein Versorger bot beispielsweise in einer „Weihnachtsaktion“ seinen Kunden 50 Euro für eine vorzeitige Vertragsverlängerung zu gleichen Konditionen. Wer unterschrieb, musste danach aber feststellen, dass der Neukunden-Bonus von 25 Prozent nicht mehr gewährt wurde, berichtet die Verbraucherzentrale. Der Versorger interpretierte die Vertragsverlängerung nämlich als Tarifwechsel, der den Bonus hinfällig mache.

In einem anderen Fall erhöhte ein Versorger nach dem Abschluss des Vertrags, der einen 25-Prozent-Bonus vorsah, die Preise. Als der Kunde deshalb kündigte, wurde er vorzeitig aus seinem Tarif abgemeldet - genau einen Tag, bevor er seine zwölf Monate als Kunde voll und damit den Bonusanspruch erworben hatte.

Ein anderer Kündigungstermin sei wegen „vorgegebener Funktionsabläufe“ nicht möglich, argumentierte der Versorger. Dieser Fall landete bei der bundesweiten Schlichtungsstelle Energie der Branche unter Leitung des ehemaligen Bundesverwaltungsrichters Jürgen Kipp. Der Vermittler sah den Kunden im Recht.

Eine gängige Methode zum Abkassieren sind nach Beobachtung von Verbraucherschützern auch überhöhte Abschlagzahlungen und verspätetes Erstatten von Guthaben. Wegen solcher Praktiken hat das OLG Düsseldorf einen Billigstrom-Anbieter Mitte Dezember 2014 verurteilt (Az.: I-20 U 136/14). Das Unternehmen darf Abrechnungsguthaben künftig nicht mehr nach und nach mit Monatsabschlägen verrechnen, sondern muss sie unverzüglich und vollständig ausbezahlen.

Verbraucherschützer kritisieren auch die komplizierten Firmenkonstruktionen mancher Billiganbieter. Welches der oft zahlreichen miteinander verbandelten Unternehmen denn nun der Vertragspartner ist, gehe nur versteckt aus dem Kleingedruckten der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hervor. So wüssten Verbraucher häufig nicht, wem sie ihre Kündigung schicken sollen - und sogar Anwälte hätten in einem Streitfall die falsche Firma verklagt.

Skeptisch wird generell der Abschluss von Versorgungsverträgen an der Haustür gesehen - nach einer Studie der Unternehmensberatung Kreutzer-Consulting in mehr als einem Zehntel der untersuchten Neuabschlüsse gängige Praxis. Schröder warnt: Dabei fehle natürlich die Möglichkeit eines gründlichen Preis- und Leistungsvergleichs.