Verkehrsrecht: Gefährlicher Rat aus dem Internet - Rechts überholen!

Richter warnt: Bei Verstößen im Straßenverkehr kann auch das Strafrecht greifen – und dann wird es sehr unangenehm.

Düsseldorf. Im täglichen Kampf auf deutschen Autobahnen kochen die Emotionen hoch: Drängler und notorische Linksfahrer bringen sich und andere Autofahrer zur Weißglut. Doch während nach dem Bußgeldkatalog notorischen Linksfahrern im schlimmsten Fall ein Bußgeld von 40 Euro nebst einem Punkt in der Flensburger Verkehrssünder-Datei droht, werden seit Mai 2006 die von ihnen vermeintlich ausgebremsten Drängler im Extremfall fast schon drakonisch mit 350 Euro Bußgeld, vier Punkten und einem dreimonatigen Fahrverbot bestraft. Das ist in der Nummer 104 616 des "Bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog Verkehrsordnungswidrigkeiten" (BT-KAT-OWI) geregelt.

Doch die "Drängler-Vorschrift" hat eine angebliche Schwachstelle, über die derzeit in Internetforen und -kettenbriefen berichtet wird: Autofahrer, die sich von einem Dauer-Linksfahrer ausgebremst fühlen, sollten gar nicht erst drängeln, sondern die "Linkspenner" rechts überholen, am besten gleich über den Standstreifen. Das sei viel "billiger".

In der Tat sieht die Nummer 105 600 des BT-KAT-OWI für das Rechstüberholen außerhalb geschlossener Ortschaften "nur" drei Punkte und 50 Euro Geldbuße vor. Und laut Nummer 102 601 beträgt die Buße fürs Benutzen des Seitenstreifens "zum Zwecke des schnelleren Vorwärtskommens" zwei Punkte und 50 Euro.

Das bestätigt der Düsseldorfer Verkehrsrichter Stefan Coners: "Im Bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog sind pauschale Tatbestände formuliert und die entsprechenden Bußen. Der Katalog ist für die Bußgeldbehörden und für die Gerichte verbindlich."

Also alles klar und mehr oder weniger freie Fahrt für Rechtsüberholer? "Ganz eindeutig nein", sagt Coners. "Diese Beschreibungen gelten nur für den Durchschnittsfall ohne Besonderheiten. Bei der rechtlichen Würdigung eines Einzelfalls kann ein Gericht und auch die Bußgeldbehörde von diesen Bußen abweichen."

Flensburg: Eine Verurteilung nach § 315 c StGB wird mit den entsprechenden Punkten ins Verkehrszentralregister eingetragen.

Bundeszentralregister: Vom Eintrag in die Flensburger Kartei zu unterscheiden ist die ebenfalls erfolgende Eintragung ins Bundeszentralregister ("Polizeiliches Führungszeugnis"). Dort werden alle strafgerichtlichen Verurteilungen eingetragen.