Eigenbluttherapie: Ein Allrounder oder nutzlos?
Bergkamen (dpa/tmn) - Allergiker setzen gerne auf die Eigenbluttherapie: Ihnen wird Blut entnommen, teils behandelt, angereichert und wieder gespritzt. Nach vielen Sitzungen verspricht das Linderung. Die Medizin ist skeptisch - obwohl viele Ärzte die Therapie anbieten.
Es ist nicht mal ein richtiger Eingriff, es wird nur Blut abgenommen - und das soll große Wirkung haben: Die Eigenbluttherapie wird sowohl von Heilpraktikern als auch von vielen Ärzten angewandt, um eine lange Liste von Krankheiten zu bekämpfen, unter anderem Neurodermitis und Asthma. Einen wissenschaftlichen Beweis für die Wirksamkeit der Methode gibt es nicht.
„Es werden ein bis fünf Milliliter Blut aus der Armvene des Patienten entnommen“, erklärt Ulrich Sümper vom Bund deutscher Heilpraktiker (BDH). Das Blut wird meist in den Gesäßmuskel gespritzt. Es bildet sich ein Hämatom, das vom Körper aufgenommen wird. „Das eigene Blut wird vom Körper als "fremd" angesehen und löst eine Immunreaktion aus“, erklärt der Heilpraktiker Ulrich Sümper aus Bergkamen. „Das stimuliert die körpereigene Abwehr.“ In der Regel braucht es bis zu zwölf Behandlungen mit zwei Terminen pro Woche.
Angewandt wird die Therapie etwa bei Abwehrschwäche, Beschwerden bei Hormonumstellung, Asthma, Durchblutungs- und Blutbildstörungen, Allergien, Infektionen, Neurodermitis, Rheuma und zur Erholung nach schwerer Erkrankung. Die Eigenbluttherapie ist keine reguläre Krankenkassenleistung. Die Kosten betragen circa 15 Euro pro Spritze. Aber die privaten und einige gesetzlichen Versicherer können die Kosten übernehmen. Häufig wird eine individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) abgerechnet.
Als solche hat auch die Humanbiologin Silke Thomas vom „Igel-Monitor“, einem Angebot des medizinischen Dienstes der Krankenversicherer, die Eigenbluttherapie bei Sehnenreizung untersucht. Wegen fehlender Beweise für die Wirksamkeit bei gleichzeitig möglichem Schadenspotenzial, bewertet sie die Therapie in diesem Fall „tendenziell negativ“ - so die offizielle IGeL-Monitor-Beurteilung. Patienten sollten den Arzt mit der Bewertung konfrontieren, sagt Thomas. Generell ist Vorsicht geboten bei Gerinnungsstörungen oder der Einnahme des Blutgerinnungshemmers Marcumar.
„Wichtig ist, dass die Behandlung unter üblichen Hygienestandards und sicherer Beherrschung der korrekten Injektionstechnik erfolgt - insbesondere wenn man intramuskulär injiziert“, betont Rainer Stange, leitender Arzt der Abteilung für Naturheilkunde im Berliner Immanuel Krankenhaus. Der Körper werde beim Einstich verletzt, Infektionen können folgen. Stange hat das Verfahren schon „Hunderte von Malen gemacht und noch nie eine schwerwiegende unerwünschte Reaktion beobachtet“.
Trotz aller Kritik ist die Eigenbluttherapie bei Patienten beliebt. „Da ist sicher auch eine suggestive Wirkung dabei“, sagt Prof. Detmar Jobst vom Universitätsklinikum Bonn. Fraglich ist, was zwischen der medizinisch klaren Reaktion rund um das Hämatom und der allgemeinen Besserung passiert. Dass das wissenschaftlich ungeklärt ist, wird von allen Anwendern unmissverständlich klargestellt. Der BDH erklärt auch: „Die Eigenbluttherapie eignet sich nicht als alleinige Behandlungsform bei schweren akuten oder lebensbedrohlichen Erkrankungen.“ Laut einer Umfrage führen rund 75 000 Ärzte in Deutschland die Therapie durch.
Neben der beschriebenen sogenannten kleinen Eigenbluttherapie gibt es noch zahlreiche Varianten. Gängig ist etwa die Entnahme von größeren Mengen von Eigenblut und dessen Behandlung, die Große Eigenbluttherapie. Dabei wird Sauerstoff oder Ozon zugesetzt, oder das Blut mit UV-Licht bestrahlt. Auch der Zusatz von homöopathischen Heilmitteln vor der Re-Injektion sind möglich.