Expertin: Schwerhörige fühlen sich oft ausgegrenzt

Dresden (dpa) - Lichtklingel, Schriftdolmetscher, Super-Hörgeräte - für Schwerhörige gibt es bereits einige Hilfsmittel. Dennoch fühlen sie sich oft ausgegrenzt. Auf einem Bundeskongress in Dresden wollen Betroffene über ihre Situation diskutieren.

Theateraufführung, Predigt in der Kirche oder ein Telefonat: Der Alltag ist für Schwerhörige oft mit Hindernissen verbunden. „Schwerhörigkeit sieht man Menschen nicht an“, sagte die Vorsitzende des Vereins Dresdner Schwerhörige, Renate Witte, vor dem Bundeskongress des Deutschen Schwerhörigenbundes am Wochenende (17./18. September) in Dresden. Dort wollen rund 350 Betroffene, Angehörige und Gäste über Hörschädigung und Ertaubung diskutieren.

„Viele schämen sich dafür und würden die anderen nicht darauf hinweisen“, erklärte Witte. Das habe auch etwas mit den Reaktionen vieler Menschen zu tun, die das Problem nicht selten mit Sprüchen wie „Sei froh, dass Du noch laufen und sehen kannst“ kommentierten. „Natürlich können wir die Natur genießen, uns bewegen“, erklärte Witte. Dennoch sei das Leben eingeschränkt, zum Beispiel auf Geburtstagsfeiern, bei denen sich viele Menschen unterhielten. „Der Wortsalat ist auch mit Hörgerät nur schwer zu entwirren.“

„Nicht zuletzt ist auch das öffentliche Leben betroffen“, sagte Witte. So seien noch zu wenige Einrichtungen mit speziellen technischen Anlagen ausgestattet, mit deren Hilfe die Träger von Hörgeräten das Gesprochene zum Beispiel auf einer Theaterbühne besser verstehen könnten. „Viele haben keine Möglichkeit, so etwas zu installieren, weil es zu teuer ist.“ Die Frauenkirche und das Deutsche Hygienemuseum in Dresden gehörten zu den Ausnahmen. „Technische Neuerungen machen uns das Leben leichter“, sagte Witte.

So lasse das sogenannte Cochlea-Implantat - ein spezielles Innenohr-Implantat - hochgradig Hörgeschädigte oder Ertaubte wieder an der Welt der Hörenden teilhaben. Witte trägt auch so ein kleines technisches Wunderwerk. „Aber sobald ich es ablege, kann ich nahezu nichts hören.“ Weitere technische Raffinessen wie ein leuchtendes Babyfon, ein Lichtwecker oder eine -klingel erleichterten den Alltag. „Auch spezielle Hörgeräte gibt es, die mit Hilfe einer Induktionsspule störende Nebengeräusche ausblenden können“, erklärte Witte. Aber viele dieser Geräte seien teuer, und nicht immer zahle die Krankenkasse.

„Wir als Verein kämpfen oft mit den Kassen“, berichtete Witte. Der Verein, der 2011 sein hundertjähriges Bestehen feiert, berät Schwerhörige auch bei Behördengängen, vermittelt Schriftdolmetscher und gibt Tipps für den Alltag. „Wer schlecht hört, ist unsicher“, sagte Witte. „Einige werden zwar mit einer Schwerhörigkeit geboren, die meisten aber verlieren das Gehör erst im Laufe ihres Lebens - ausgelöst etwa durch Krankheiten wie Scharlach oder einen Hörsturz.“