Herzinfarkt: Frauen deuten die Symptome meistens falsch
Immer mehr Frauen sterben an einem Herzinfarkt. Dabei kann das Schlimmste verhindert werden, wenn die Beschwerden richtig erkannt werden.
<strong>Düsseldorf. Druck auf der Brust und Halsschmerzen waren Symptome, die Nicole Bertho vor einigen Monaten nicht Ernst genommen hatte. Erst als die Schmerzen zunahmen, suchte sie ein Krankenhaus auf. "An einen Herzinfarkt habe ich nicht gedacht, weil ich erst 24 Jahre alt war. Deshalb habe ich mir vieles schön geredet", sagt die heute 25-Jährige. Selbst in der Notaufnahme konnten ihr die Ärzte nicht helfen. Sie gaben ihr Schmerztabletten und schickten die junge Frau zum Zahn- und Hals-Nasen-Ohren-Arzt. Selbst bei einem EKG diagnostizierten die Mediziner keinen Herzinfarkt.
Viele Symptome werden einem Infarkt erst gar nicht zugeordnet
Solche Fälle sind in der Medizin nicht selten. Grund dafür sind die noch kaum bekannten geschlechtspezifischen Unterschiede bei verschiedenen Krankheitsbildern wie beim Herzinfarkt. Die Symptome, die Frauen hier wahrnehmen, unterscheiden sich meist von denen der Männer. "Neben Schmerzen in der Brust, die in den Arm oder Kiefer ausstrahlen, haben Frauen oft atypische Symptome", sagt Prof. Dr. Ernst Vester, Chefarzt der Kardiologie am Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf. Dazu gehören Übelkeit, Schweißausbrüche, Bauchschmerzen, Erstickungsgefühle und sogar Todesangst. Da viele Symptome in andere Organe ausstrahlen, werden diese einem Herzinfarkt erst gar nicht zugeordnet. Zudem fehlt es den Ärzten an Wissen, um die geschlechtsspezifischen Symptome besser erkennen und beurteilen zu können.Eine Herzkarte soll Frauen für den Herzinfarkt sensibilisieren
Um die Situation zu verbessern und auf die wachsende Zahl der an Herzinfarkt sterbenden Frauen aufmerksam zu machen, hat die Organisation Soroptimist International gemeinsam mit dem Unternehmen Henkel eine Herzkarte herausgebracht, die Frauen für das Thema sensibilisieren soll. "Der Herzinfarkt betrifft Frauen zwischen 20 und 60 Jahren. Und zwar sowohl Hausfrauen als auch Berufstätige", sagt Hanne von Schaumann-Werder, Deutschland-Präsidentin der Organisation. Kardiologe Vester empfiehlt, nicht lange mit dem Arztbesuch zu warten, wenn die Beschwerden regelmäßig und unter Belastung auftreten. Denn je länger die Betroffene wartet, umso höher wird das Risiko, am Herzinfarkt zu sterben. Typisch für Frauen ist, dass sie sich Ruhe gönnen oder sich schlafen legen, wenn es ihnen nicht gut geht. Genau das kann aber im schlimmsten Fall böse enden. Als Nicole Bertho vor einem halben Jahr einen Infarkt bekam, rauchte sie 40 Zigaretten am Tag, machte keinen Sport und achtete nicht auf ihre Ernährung. Entscheidend für die Krankheit bei ihr war aber eine genetisch bedingte Störung im Fettstoffwechsel, die den Cholesterinwert enorm in die Höhe treibt. Auch Stress hatte Bertho berufsbedingt genug. Alles Faktoren, die das Risiko eines Herzinfarktes enorm in die Höhe treiben.Zwar steht die Forschung in der Geschlechter-Medizin noch am Anfang. Trotzdem glaubt auch Kardiologe Vester, dass sich in den kommenden Jahren in der medizinischen Behandlung von Frauen einiges ändern wird. "Das Manko ist eindeutig vorhanden." Die HerzkarteSymptome: Auf der signalgelben Scheck-Karte stehen die Symptome eines Herzinfarktes, die Frauen wahrnehmen. Unterschieden wird dabei, was für eine Art Schmerz es ist (Druck, Ziehen, Atemnot), wie und wo er auftritt.
Notrufnummer: Damit Frauen bei Beschwerden handeln können, ist die Notrufnummer 112 auf der Kartenrückseite abgebildet. Die Nummer ist europaweit, außer in der Schweiz, erreichbar.
Anzahl: Derzeit hat die Organisation Soroptimist International insgesamt 20 000 Karten drucken lassen. Sie werden auf die über 170 deutschen Klubs verteilt. Über das Internet können auch Nicht-Mitglieder an die Herzkarte kommen.