Keime: Wurstverzehr birgt langfristiges Risiko

Analyse von verkauften Fleischwaren ergibt bedenkliche Belastung mit Antibiotika-resistenten Keimen. Bei späterer Erkrankung kann das verhängnisvoll sein.

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Berlin. „Deutsche Wurst, alles andere ist Käse“, hat ein Satiremagazin mal treffend getitelt. Ein Brötchen, das mit Salami, Schinken oder Mett belegt ist, gehört für viele Bundesbürger einfach zum Frühstück dazu.

Doch Vorsicht: Der Verzehr einiger Wurstwaren könnte nach Ansicht der Grünen gefährlicher sein als bisher gedacht. Bei einer von der Bundestagsfraktion in Auftrag gegebenen, labortechnischen Analyse hat sich herausgestellt, dass von 63 gekauften Wurstproben 16 Prozent mit Antibiotika-resistenten Keimen belastet waren.

Nach dem Verzehr, warnen Experten, können die Bakterien sich im Darm festsetzen und vermehren. Solange sie dort bleiben, machen sie nicht unbedingt krank. Befallen sie aber andere Organe, wirken übliche Antibiotika womöglich nicht. Auf die Gefahren der sogenannten ESBL-Keime — eine Abkürzung für bestimmte Enzyme — hat in jüngster Vergangenheit auch mehrfach das Bundesamt für Risikoforschung (BfR) hingewiesen.

Für die Untersuchung, die unserer Zeitung vorliegt, wurden Ende April/Anfang Mai in 13 deutschen Städten Wurstwaren in Discountern, Supermärkten und Bäckereien gekauft und anschließend von dem zertifizierten Agrolab-Labor am Ammersee analysiert. Überprüft wurden Mett, Teewurst, Mettwurst, Salami und Schinken.

Bei zehn der Proben wurden die ESBL-Keime festgestellt. So fanden sie sich auf Putenmettprodukten aus Supermärkten in Dortmund, Hamburg, Hannover, Potsdam und zweimal in Mainz. In Völklingen war feine Teewurst betroffen, in Düsseldorf Salami. In Kiel sowie Potsdam konnten die Tester die betreffenden Bakterien auf bereits mit Mett belegten Brötchen feststellen. Bei Schinken wurden die Erreger nicht entdeckt.

Experten vermuten, dass ESBL-Bakterien durch den Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung in das Fleisch gelangen. Nach Schätzungen sterben jedes Jahr etwa 30 000 Menschen, weil sie nicht mehr vollständig auf die Behandlung mit Antibiotika ansprechen, sechs Millionen Deutsche sollen bereits resistente Keime im Körper tragen.

Die Grünen kritisieren vor allem das System der Massentierhaltung scharf: Es sei eine „tickende Zeitbombe“, so Verbraucherexperte Markus Tressel. „Mit den Produktionsmethoden beim Billigfleisch gefährden wir unsere eigene Gesundheit.“

Die Bundesregierung müsse deshalb die Verkleinerung von Tierherden gesetzlich regeln. „Die Krankheitsraten werden damit gesenkt und somit die Antibiotika-Zugabe deutlich verringert.“ Außerdem forderte er, dass Tierärzte nicht auch am Verkauf der Antibiotika verdienen dürften. „Das setzt falsche Anreize.“

Untätig ist die Bundesregierung allerdings nicht. Sie versucht seit Längerem schon, den Einsatz von Medikamenten im Stall einzuschränken. Erst im vergangenen Jahr hatten das Landwirtschafts- und das Gesundheitsministerium eine „Antibiotika-Resistenzstrategie“ auf den Weg gebracht, um den sachgerechten Einsatz zu fördern. Gleichzeitig wurden mit der Novelle des Arzneimittelgesetzes strengere Vorschriften für die Verwendung in der Tiermedizin erlassen und für mehr Transparenz gesorgt.