Löst Nichtraucher-Pille Depressionen aus?

US-Forscher sehen einen Zusammenhang zwischen Champix und Suiziden.

Düsseldorf. Rauchen ist ungesund, doch auch das Aufhören kann gefährlich sein. Das meint zumindest eine Gruppe von US-Wissenschaftlern um die Forscher Thomas Moore und Carl Furberg. Sie haben das Medikament Champix der Firma Pfizer untersucht.

Die Pille soll Rauchern dabei helfen, sich von ihrer Nikotinsucht zu befreien. Die Studie, an der unter anderem Mitarbeiter der renommierten Harvard Medical School beteiligt sind, will nun zeigen, dass der enthaltene Wirkstoff Vareniclin Depressionen und suizidales Verhalten auslösen kann. Demnach begingen 272 US-Amerikaner, die Champix eingenommen hatten, Suizid. In Deutschland sind bislang keine Fälle bekannt.

Bereits zur Markteinführung musste Pfizer einen Beipackzettel mit einer langen Liste von Nebenwirkungen veröffentlichen: Übelkeit, Schlafstörungen, Bluthochdruck und Geschmacksstörungen. Die nun im Fachmagazin „Plos One“ veröffentlichte Studie stützt sich auf Daten der US-Arzneimittelbehörde. Diese sammelt für sämtliche Medikamente Meldungen von Ärzten und Patienten zu schwerwiegenden Nebenwirkungen.

Ausgewertet wurden alle Hinweise auf Vareniclin (Champix) sowie den alternativen Wirkstoff Bupropion (vermarktet als Zyban) und Nikotinersatzstoffe im Zeitraum zwischen 1998 und 2010. Demnach gab es insgesamt bei 13 243 Fällen schwerwiegende Nebenwirkungen.

3249 davon zeigten ein selbst verletztendes Verhalten oder Depressionen. 90 Prozent der Betroffenen waren Patienten, die Champix eingenommen hatten und das, obwohl das Medikament in den USA erst 2006 auf den Markt kam. In Deutschland wird Champix seit 2007 verkauft.

„Während suizidales Verhalten oder Depressionen bedeutende Nebenwirkungen zu sein scheinen, sind sie keineswegs die einzigen Sicherheitsrisiken“, sagt Forscher Thomas Moore. Es gebe zudem Hinweise auf eine gesteigerte Aggressions- und Gewaltbereitschaft. Piloten dürften das Medikament überhaupt nicht einnehmen, weil es die Wahrnehmung beeinträchtige.

„Die Risiken überwiegen die Vorteile“, meint Forscher Carl Furberg. Die Wissenschaftler empfehlen deshalb, Champix nur einzusetzen, wenn alle anderen Hilfsmittel, um mit dem Rauchen aufzuhören, gescheitert sind.

Hersteller Pfizer teilt die Interpretation der Daten unterdessen nicht: „Die veröffentlichte Analyse bietet keine belastbaren medizinischen Informationen“, sagt Sprecher Thomas Biegi. Die Schlussfolgerung der Autoren widerspreche aktuellen wissenschaftlichen Analysen und klinischen Studien. Biegi kündigt eine großangelegte Studie an, bei der Pfizer die Sicherheit von Champix überprüfen werde. Die Ergebnisse sollen 2017 vorliegen.

Sowohl die europäische Arzneimittelbehörde Ema als auch das US-amerikanische Pendant FDA räumen ein, dass bei Champix-Anwendern von Depressionen und suizidalem Verhalten berichtet wurde. Ärzte sollten ihre Patienten deshalb genau beobachten. Vor allem, wenn sie psychisch gefährdet sind. Dennoch überwiegt nach Einschätzung beider Behörden nach wie vor der Nutzen gegenüber dem Risiko.