Mit Multipler Sklerose ist oft ein normales Leben möglich

Frankfurt/Main (dpa/tmn) - In Deutschland leben rund 130 000 Menschen mit Multipler Sklerose (MS). Die meisten gehen normal ihrem Beruf und Alltag nach. Und doch haben sie oft mit Vorurteilen zu kämpfen.

Diese abzubauen, ist ein Ziel des Welt-MS-Tags am Mittwoch (29. Mai).

MS, das ist doch Muskelschwund. Die Betroffenen sitzen immer im Rollstuhl. Es ist eine tödliche Erkrankung. So lauten die gängigsten Vorurteile gegenüber Multipler Sklerose (MS). „Vielen Menschen sagt MS etwas, aber meist ist es das Falsche“, sagte Eva Koch, Leiterin der MS-Projekte der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, dem dpa-Themendienst anlässlich des Welt-MS-Tags am Mittwoch (29. Mai). „Richtig ist: MS ist eine schwere chronische Erkrankung, mit der aber ein weitgehend normales Leben und Arbeiten möglich ist.“

Nur etwa 15 Prozent der Patienten mit der chronisch-entzündlichen Nervensystemerkrankung sind Koch zufolge auf einen Rollstuhl angewiesen. „Die Krankheit muss nicht offensichtlich sein. Deshalb nennt man sie auch die Krankheit der 1000 Gesichter“, erläuterte Koch. Kein Krankheitsverlauf gleiche dem anderen. „Das ist das Tückische.“ Am häufigsten sei ein schubartiger Verlauf, bei dem sich beschwerdefreie Phasen mit heftigen Krankheitszeiten abwechseln. Manche Patienten nehmen dauerhaft Medikamente, andere nur, sobald sie Beschwerden haben.

MS zählt zu den sogenannten Autoimmunerkrankung. Abwehrzellen, die normalerweise Krankheitserreger bekämpfen, lösen dabei in bestimmten Bereichen des zentralen Nervensystems, also im Gehirn oder Rückenmark, Entzündungen aus. Die Folge: Die betroffenen Nerven fallen aus, es kommt unter anderem zu Lähmungserscheinungen, auch die Blasen- oder die Sexualfunktionen können in Mitleidenschaft gezogen sein. Warum die Nervenzellen kaputtgehen, ist bislang nicht vollständig geklärt.

„Das Spektrum der Krankheit ist sehr breit, die Unvorhersehbarkeit auch“, sagte die Medizinerin. Manche Menschen haben zum Beispiel Taubheitsgefühle im Arm, andere ein Kribbeln im Bein, wieder anderen fällt immer wieder etwas aus der Hand. Häufige Begleiterscheinung sei eine schwere Müdigkeit, die es den Patienten gelegentlich unmöglich mache, einem achtstündigen Job nachzugehen - es fällt ihnen schwer, sich lange zu konzentrieren.

Die meisten Patienten sind bei der Diagnose zwischen 20 und 40 Jahren alt, zwei Drittel von ihnen weiblich. Kinder zu bekommen, ist unproblematisch. Die Wissenschaft vermutet zwar, dass es eine erbliche Komponente gibt. Aber MS ist - im Gegensatz etwa zu Muskelschwund - keine klassische Erbkrankheit.

Neben der Sorge darum, wie der individuelle Verlauf der Krankheit sein wird, sei bei den Patienten die Angst vor Stigmatisierung oft groß. Das Umfeld der Betroffenen denke häufig, nach der Diagnose sei das Leben auf einmal aus den Fugen und der Patient nicht mehr belastbar. Das seien aber in vielen Fällen falsche Annahmen, betonte die Projektleiterin, die in der Stiftung wissenschaftliche und soziale MS-Projekte betreut. Ziel ist, die Erforschung der Ursachen voranzutreiben und Betroffene zu unterstützen.