Augenärzte haben Private im Blick

Sechs Monate oder mehr müssen Kassenpatienten auf einen Termin beim Facharzt warten.

Krefeld. Bei der AOK haben sich in diesem Jahr 146 Krefelder über zu lange Wartezeiten für Arzttermine beschwert, 46 dieser Beschwerden bezogen sich auf Augenärzte. „Das ist fast ein Drittel. Mit Augenärzten gibt es hier also ein spezielles Problem“, sagt Franz-Josef Paulzen, stellvertretender Regionaldirektor der AOK für Krefeld. Als Ursache für dieses Problem ausschließen kann er einen Ärztemangel in dieser Fachrichtung: „Es gibt in Krefeld 20 Augenärzte. Damit ist der von Krankenkassen und Kassenärztlicher Vereinigung definierte Versorgungsgrad mit 112 Prozent übererfüllt.“

Trotzdem müssten die Kunden seiner Krankenkasse bei Augenärzten „ab sechs Monaten aufwärts“ auf einen Termin warten. „Wenn wir eingeschaltet werden, können wir das häufig auf zwei oder drei Monate verringern.“ Aber eine wirkliche Handhabe, betont Paulzen, habe die AOK auch nicht: „Wir können dann nur versuchen, die Augenärzte zu überreden.“

Dass Kassenpatienten länger auf einen Termin warten müssen als Privatpatienten räumt Frank Naundorf, ein Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, ein: „Es gibt schon die Tendenz, dass Kassenpatienten bei der Terminvergabe nach hinten geschoben werden.“

Gleichzeitig wirbt er um Verständnis für diese Tendenz. Bei Privatpatienten werde dem Arzt jede Behandlung einzeln bezahlt. Für Kassenpatienten hingegen bekämen die Ärzte lediglich eine Quartalspauschale: „Und wenn die aufgebraucht ist, versuchen sie, diese Termine ins nächste Quartal zu verschieben. Sonst müssten sie ja umsonst arbeiten. Das ist Notwehr.“ Er sieht daher die Krankenkassen in der Pflicht, mehr Geld für ihre Kunden zur Verfügung zu stellen.

Eine Forderung, die Franz-Josef Paulzen ablehnt: „Das Geld ist genug.“ Immerhin seien die Pauschalen zwischen Krankenkassen und Kassenärztlicher Vereinigung ausgehandelt worden: „Das Problem ist vielmehr der Verteilungsschlüssel, der von der Kassenärztlichen Vereinigung bestimmt wird. Für die Augenärzte scheint der nicht zufriedenstellend zu sein.“

Dieses Argument will der Augenarzt Dr. Karl Boden nicht gelten lassen: „Die Kassenärztliche Vereinigung hat definitiv recht — von den Krankenkassen kommt zu wenig Geld.“ Boden betrieb rund 14 Jahre lang eine Kassenpraxis, die er 2009 in eine Privatpraxis umwandelte. Seitdem behandelt er nur noch Privatpatienten oder Kassenpatienten, die in Vorkasse gehen: „Sie können dann versuchen, das Geld von ihren Krankenkassen zurückzubekommen. Manchmal klappt das auch.“

Als Begründung für die Umwandlung seiner Praxis nennt er die zu geringen Budgets und die zu umfangreiche Bürokratie seitens der Krankenkassen. Die Wartezeiten auf einen Termin hätten sich dadurch im Übrigen rapide verkürzt: „Vorher war das rund ein Jahr, jetzt sind es etwa zwei Wochen.“ Eine generelle Bevorzugung von Privatpatienten im Gesundheitssystem vermag er dennoch nicht zu sehen: „Vielmehr werden Kassenpatienten systematisch benachteiligt.“