Reizdarm: Andere Erkrankungen ausschließen
Köln/Hannover (dpa/tmn) - Stress und andere Belastungen schlagen manchen Menschen buchstäblich auf den Magen. Ihr Verdauungssystem reagiert dann mit Blähungen, Durchfall oder Verstopfungen. Ein solcher Reizdarm lässt sich aber oft schon mit einfachen Mitteln lindern.
Völlegefühl, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung, Schmerzen und ein brennendes Gefühl im Bauch: Das sind typische Beschwerden bei Menschen mit einem Reizdarm. Sie treten über Wochen und Monate auf. Um die Beschwerden zu lindern, gibt es etliche Wege: angefangen bei Hausmitteln aus der Drogerie bis hin zu Medikamenten aus der Apotheke.
„Meistens sind Menschen zwischen 25 und 50 Jahren von einem Reizdarm betroffen“, sagt Prof. Wolfgang Kruis vom Evangelischen Krankenhaus Köln-Kalk. Die Ursache sei noch nicht endgültig geklärt. „In den vergangenen Jahren zeichnet sich jedoch ab, dass bestimmte körperliche Voraussetzungen - wie eine bakterielle Infektion und psychische Belastungen - zu den häufigen Beschwerden führen.“ Frauen litten öfter als Männer an einem Reizdarm, außerdem Menschen mit psychischen Störungen wie Depressionen oder Ängsten.
Zu einer hohen Wahrscheinlichkeit könnten Ärzte schon aufgrund der Krankheitsgeschichte der Patienten die Diagnose Reizdarm stellen, sagt Kruis. „Es fällt auf, dass die Beschwerden in Abhängigkeit von belastenden Lebensereignissen stehen. In der Regel gehen sie weg, wenn der Mensch sich beispielsweise im Urlaub entspannt.“ Dennoch empfehlen Mediziner eine Untersuchung des Bluts auf Entzündungsmarker und die Zusammensetzung der Blutkörperchen. Darüber hinaus wird zu einer Ultraschalluntersuchung des Bauches und einer Spiegelung des Dick- und Dünndarms geraten.
„Bei jüngeren Patienten geht es zum Beispiel darum, eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung wie den Morbus Crohn auszuschließen“, sagt Prof. Irmtraut Koop, Vorsitzende der Norddeutschen Gesellschaft für Gastroenterologie in Hannover. Bei einem älteren Patienten mit kurzfristig aufgetretener oder zunehmender Verstopfung müsse man gegebenenfalls an Dickdarmkrebs denken - dieser gehört mit rund 70 000 Neuerkrankungen im Jahr zu den häufigsten Krebsarten. Laut Kruis zeigen sich bei einem Reizdarm häufig keine Auffälligkeiten bei den gängigen Untersuchungen. Neueste Forschungsergebnisse wiesen jedoch darauf hin, dass die Nervenzellen des Darms nicht normal funktionieren und die Reaktion des Immunsystems gestört ist.
Pfefferminzöl-Kapseln, Artischockenextrakt, Kleie und Flohsamen, krampflösende Mittel: Die Liste der Wirkstoffe, mit denen die Patienten ihre Verdauung und damit den Grad ihrer Beschwerden beeinflussen können, ist lang. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat Studien ausgewertet, die sich mit der Behandlung des Reizdarmes befassen. Unter anderem wird die Wirkung von Ballaststoffen untersucht.
Kleie gehört zu den unlöslichen, Flohsamen gehören zu den löslichen Ballaststoffen, die Wasser im Darm binden. Laut IQWiG lassen sich die Reizdarmbeschwerden mit Flohsamen besser lindern als mit Kleie. Bleiben die Verstopfungsprobleme länger bestehen, so kann laut Koop beim Reizdarm zu bestimmten Abführmitteln aus der Apotheke gegriffen werden. „Man kann es aber auch mit bewährten Nahrungsmitteln wie Buttermilch oder Backpflaumen versuchen.“
Bei Blähungen empfiehlt Koop beispielsweise Pfefferminzöl-Kapseln. Studien haben laut IQWiG die Wirkung dieser Kapseln bei einem Teil der Patienten belegt. Andere Formen wie Pfefferminzöl-Tropfen oder -Lösungen sind demnach nicht untersucht worden. Auch krampflösende Medikamente können einigen Patienten Linderung verschaffen. Zu diesen gehört der Wirkstoff Butylscopolamin, der in Apotheken zu haben ist.