Studie: Wie krank macht Nachtfluglärm?

Daten von 800 000 Patienten rund um den Kölner Airport untersucht. Doch das Ergebnis ist umstritten.

Köln. Nächtlicher Fluglärm führt dazu, dass die Betroffenen häufiger den Arzt aufsuchen und die Ärzte diesen Patienten mehr Medikamente verschreiben. Dies ist das Ergebnis einer jetzt veröffentlichten Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA).

Im Umfeld des Kölner Flughafens hatte Professor Eberhard Greiser von der Universität Bremen die Daten von mehr als 800 000 Krankenversicherten untersucht.

Anlass für die Studie waren Beobachtungen von Ärzten. In deren Praxen hatte die Zahl der Patienten zugenommen, die über Herzbeschwerden, Nervosität oder Leistungsminderung klagten. Die Mediziner vermuteten, dass diese gehäuft auftretenden Befunde sowie Fälle des Bluthochdrucks auf den Nachtflugverkehr des Flughafens zurückgehen könnten.

"Ziel der Studie war es daher, anhand von Routinedaten gesetzlicher Krankenkassen den Einfluss von Fluglärm auf das Verordnungsverhalten niedergelassener Ärzte zu untersuchen", erklärt Professor Greiser.

Dazu hatte sein Team die Daten von exakt 809 379 Versicherten mit Hauptwohnsitz in Köln, im Rhein-Sieg-Kreis und im Rheinisch-Bergischen Kreis, die bei sieben gesetzlichen Krankenkassen versichert sind, zusammengeführt mit adressgenauen Lärmdaten von Flug-, Straßen- und Schienenverkehr. Analysiert wurden für vier Zeitfenster des Fluglärms am Tag und in der Nacht der Zusammenhang zwischen Lärmintensität und der Verordnungsmenge für bestimmte Arzneimittelgruppen.

Ergebnis: Im Vergleich mit Patienten, die keinem nächtlichen Lärm ausgesetzt waren, zeigten sich bei Lärm-Opfern erhöhte Verordnungsraten und Verordnungsmengen bestimmter Arzneimittel mit blutdrucksenkender Wirkung, zur Behandlung von Herz- und Kreislauferkrankungen, zur Beruhigung (Tranquilizer) sowie zur Behandlung von Depressionen (Antidepressiva). Dabei erhielten diejenigen, die von nächtlichem Fluglärm zwischen 3 und 5 Uhr belastet wurden, die meisten solcher Medikamente. Frauen scheinen besonders unter dem Lärm zu leiden: So wurde Frauen, die in stark lärmbelasteten Regionen wohnten, zu 66 Prozent häufiger blutdrucksenkende Mittel verordnet als in der Vergleichsregion. Auch erhielten Frauen häufiger Antidepressiva.

Datenmenge: Insgesamt wurden 809 379 Daten von Mitgliedern gesetzlicher Krankenkassen mit den Daten über Verordnungen von niedergelassenen Ärzten verglichen. Insgesamt kamen dadurch Daten aus 1,8 Millionen Versichertenjahren zusammen.

Medikamente: Blutdrucksenkende Mittel wurden für Männer mit mit stärkerer Lärmbelastung um 24 Prozent häufiger verordnet als in der Vergleichsregion. Bei Frauen wurden die Medikamente bei geringerer Lärmbelastung 27 Prozent häufiger verordnet, bei stärkerer Lärmbelastung sogar um 66 Prozent häufiger