Heldenmarkt und KarmaKonsum: Kunden wollen Nachhaltigkeit

Frankfurt/Main (dpa) - Immer mehr Verbraucher kaufen regionale, Bio- und Fair-Trade-Produkte oder interessieren sich für Öko-Strom und alternative Geldanlagen, sagen Fachleute. Diesen Trend haben einige Veranstalter entdeckt.

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Turnschuhe aus Recycling-Materialien gaben für Lovis Willenberg den Ausschlag. „Das war die Initialzündung“, erzählt der Berliner. Er importierte die Schuhe und verkaufte sie in seinem Plattenladen. Dabei wuchs die Sehnsucht des Landschaftsplaners nach coolen Alternativen zu konventionellen Produkten. Er machte seinen Laden kurzerhand zu und organisierte 2010 in Berlin den ersten „Heldenmarkt“. Diese „Messe für nachhaltigen Konsum“ gibt es inzwischen auch in Hamburg, Stuttgart, München, dem Ruhrgebiet.

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„Nachhaltiger Konsum ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen“, sagt Janine Seitz vom Zukunftsinstitut in Frankfurt. In den vergangenen zwei, drei Jahren seien viele Messen dazu entstanden. Nachhaltigkeit sei auch bei der Wahl der Hotels, der Gastronomie, der Freizeitgestaltung und des Feierns für immer mehr Menschen ein Thema.

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Bäuerliche und ökologische Landwirtschaft standen ebenso wie gesunde Ernährung auch bei einer kulinarischen Leistungsschau und Diskussionsveranstaltung in Berlin rund um das Erntedank-Wochenende (2. bis 5. Oktober) im Mittelpunkt. „Stadt Land Food“ heißt das erste Festival der „Wir haben es satt“-Bewegung, die sich gegen industrielle Lebensmittel wendet.

Bei der 8. KarmaKonsum Konferenz am 28. und 29. Oktober in der IHK Frankfurt geht es derweil für ein Fachpublikum um „die Notwendigkeit von Einfachheit und Entschleunigung im Business“. „Das Thema Nachhaltigkeit steht für uns sehr im Kontext von Persönlichkeits- und der geistig-spirituellen Entwicklung des individuellen Menschen“, erläutert Veranstalter Christoph Harrach. Ziel sei wie beim Heldenmarkt „ein Kulturwandel hin zu mehr Nachhaltigkeit“.

Was verstehen die Verbraucher unter Nachhaltigkeit? Während der Bio-Markt nur noch leicht wachse, seien die Umsätze bei Fair-Trade-Produkten in Deutschland im laufenden Jahr gegenüber dem Vorjahr um mehr als 20 Prozent auf rund 650 Millionen Euro geklettert, sagt Seitz. Viele Konsumenten seien allerdings verunsichert, was welches Siegel genau bedeute.

Dies zeige auch der neue Trend zum „free from“ (frei von). Da kauften auch Kunden ohne Unverträglichkeit lactose- oder glutenfreie Lebensmittel, weil sie diese für gesünder hielten. Messen wie der „Heldenmarkt“ böten den Verbrauchern die Möglichkeit, direkt beim Hersteller zu fragen.

„Viele Leute würden ihren Stromanbieter, die Krankenversicherung und das Bankkonto wechseln, wenn sie wüssten, welches die beste Alternative ist“, sagt Willenberg und meint ökologische, soziale und ethische Kriterien. Solche Dienstleistungen präsentieren sich auf dem Heldenmarkt neben Produkten wie Recycling-Möbeln, Bio-Mode und bio-veganen Lebensmitteln. Dazu gibt es zahlreiche Vorträge und Angebote für Kinder.

„Die Atmosphäre ist sehr nett, man kann mal hier und mal da was probieren“, sagt Geschäftsführer Martin Heil von der gleichnamigen Kelterei im Hintertaunus. Mit seinem Bio-Cidre ist er das erste Mal in Frankfurt dabei. „Wir waren schon in Berlin und Hamburg auf dem Heldenmarkt, das ist ein richtiger Run.“ Fünf Prozent des Umsatzes mache die Kelterei mit ihren vier Sorten Bio-Cidre.

Am Anfang organisierte Willenberg den Heldenmarkt vom Wohnzimmer aus, wie er sagt. Inzwischen ist der 41-Jährige Geschäftsführer und hat ein Büro mit acht Beschäftigten. Die Messen seien immer früher ausgebucht und vor allem sonntagsnachmittags stünden die Besucher am Eingang Schlange. Aber Willenberg will eher in der Qualität als in der Größe wachsen. Wichtig seien „Charakter-Locations mit Spirit. Davon lebt die Veranstaltung.“