Prozess: Wer haftet, wenn der Nachbar mitsurft?
Bundesgerichtshof muss über den Missbrauch des WLAN-Anschlusses urteilen.
Karlsruhe. Wer seinen Computer über eine drahtlose Verbindung mit dem Internet verbindet und diesen so genannten WLAN-Anschluss nicht durch Verschlüsselung sichert, geht ein ständiges Risiko ein: Weil die Sendeleistung der Geräte so stark ist, können Nachbarn sich auch von außerhalb der Wohnung über diese Verbindung ins Internet einwählen und dann zum Beispiel Musik oder Klingeltöne herunterladen. Der Nachbar bleibt dabei anonym. Registriert wird nur die so genannte IP-Adresse des WLAN-Besitzers.
Der ist dann der Dumme, wenn über seinen Internetanschluss Missbrauch getrieben wird und er dann zum Beispiel für die illegal heruntergeladene Musik zur Kasse gebeten wird. Oder noch drastischer: wenn etwa Kinderpornos angeklickt wurden. Oder Urheberrechtsverletzungen begangen worden sind.
So wie in dem jetzt vor dem Bundesgerichtshof verhandelten Fall: Von dem Internetanschluss eines Mannes war der Musiktitel "Sommer unseres Lebens" in eine Tauschbörse eingestellt worden.
Über eine Software konnte der Rechteinhaber diesen Urheberrechtsverstoß beweisen. Und auch nachweisen, dass dieser von dem Anschluss des Mannes begangen worden war. Der Computerbesitzer andererseits konnte nachweisen, dass er zur fraglichen Zeit in Urlaub war. Also konnte es nur so gewesen sein, dass sich ein anonymer Nachbar von außen in das Netzwerk eingewählt hatte. Und der war nun mal nicht greifbar.
Egal, meinte der Rechteinhaber, der Besitzer des Internetzugangs müsse diesen halt durch Verschlüsselung sichern. Und weil er das nicht getan habe, solle er Schadensersatz von 150 Euro plus die Abmahngebühren von 325,90 Euro bezahlen.
Das Landgericht Frankfurt teilte diese Auffassung, gab dem klagenden Rechteinhaber Recht. Das Oberlandesgericht Frankfurt hingegen hob später dieses Urteil auf.
Niemand müsse für das illegale Handeln eines beliebigen anonymen Dritten haften. Er habe "keine Prüfungspflicht dergestalt, dass er seinen WLAN-Anschluss gegen unbefugte Nutzung durch Dritte sichern müsse", so die Frankfurter Richter.
Mittlerweile liegt die Sache also beim Bundesgerichtshof. Und der verhandelte am Donnerstag viele Stunden lang, bis am frühen Abend die Nachricht aus Karlsruhe kam: Eine Entscheidung gibt es erst am 12.Mai.
Einen ähnlichen Fall, in dem es allerdings nicht um die Nutzung des Internetzugangs von außen ging, hatte kürzlich das Oberlandesgericht Köln (Az. 6 U 101/09) zu entscheiden. Das Gericht gab der Klage von vier Tonträgerherstellern gegen eine Frau statt. Von ihrem Internetanschluss waren 964 Musiktitel unerlaubt zum Download angeboten worden.
Die Frau bestritt zwar, dass sie selbst die Musikstücke im Internet angeboten habe, machte im Verfahren aber keinerlei Aussagen dazu, wer dafür verantwortlich gewesen sein könnte.
Infrage kamen neben ihr selbst noch ihr Mann und ihr 13 Jahre alter Sohn. Weil die Frau auch nichts dazu vortrug, wie sie ihren elterlichen Kontrollpflichten nachgekommen sei, hielt das Gericht sie letztlich als Anschlussinhaberin für verantwortlich. Das Urteil: Sie wurde zur Zahlung von 2380 Euro verurteilt.