Viel Zucker und trotzdem gesund?
Seit 1. Juli gelten neue Richtlinien für die Werbung auf Lebensmitteln. Ziel: Ein besserer Verbraucherschutz.
Düsseldorf. Ein Joghurt, der die Abwehrkräfte stärkt, Müsli, das den ganzen Tag fit hält, Bonbons, die den Tagesbedarf an Vitaminen decken. Es gibt nur wenige Lebensmittel, die nicht mit solchen Angaben für sich werben. Ob diese Hinweise auch der Wahrheit entsprechen? "Nein", sagen Verbraucherschützer. Aber das soll sich nun ändern. Seit dem 1. Juli gilt eine neue EU-Richtlinie, die dafür sorgen soll, dass der Verbraucher nicht in die Irre geführt wird und er Produkte europaweit miteinander vergleichen kann: die Health Claim-Verordnung.
Sie schreibt allen Mitgliestaaten verbindlich vor, was unter "fettarm", oder "reich an Calcium" zu verstehen ist. Ein Beispiel: Die Aufschrift "light" ist ab sofort nur noch zulässig, wenn das Produkt 30 Prozent weniger Kalorien enthält als ein vergleichbares Produkt. Insgesamt gibt es 24 solcher nährwertbezogener Angaben, die genau definiert sind (siehe Kasten). Ganz kann der Verbraucher ihnen allerdings noch nicht trauen. Denn Produkte, die vor dem 1. Juli in den Verkauf gelangten, müssen nicht zurückgerufen werden.
Ein zweiter Bestandteil der Verordnung sind so genannte Nährwertprofile. "Sie legen fest, wie viel Zucker, Fett, Salz oder andere Nährstoffe ein Produkt enthalten darf, um als ,gesund’ zu gelten", erklärt Angelika Michel-Drees von der Bundesverbraucherzentrale. Diese Profile werden allerdings derzeit noch erarbeitet. Die Liste soll im Januar 2009 abgeschlossen werden.
Eine weitere Liste, die noch in Arbeit ist, dreht sich um Aussagen zur Gesundheitsförderung wie beispielsweise "Calcium ist wichtig für gesunde Knochen" oder "stärkt die Abwehrkräfte". "Diese Angaben dürfen nur noch gemacht werden, wenn eine wissenschaftliche Studie belegt, dass sie stimmen", so Michel-Drees. Nur dann werden sie auf der Liste aufgenommen und dürfen von den Herstellern für ihre Produkte verwendet werden.
Diese Regelung sei "innovationsfeindlich", kritisiert Peter Loosen, Geschäftsführer des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL). "Gesundheitsbezogene Aussagen mussten schon immer wissenschaftlich nachgewiesen werden", betont er. Jetzt müssten die Hersteller jedoch ein langes Verfahren durchlaufen, um neue Erkenntnisse über ein Produkt nachzuweisen. "Bis das abgeschlossen ist, sind die Konkurrenten im Zweifel genauso schlau und man muss sich fragen, ob der ganze Aufwand lohnt", erklärt er.
Auch Michel-Drees will die Verordnung noch nicht zu sehr loben. Erst will sie die Profile abwarten. Aber: Die Health-Claim-Verordnung sein in jedem Fall ein wichtiger Schritt zu einem besseren Verbraucherschutz.Die Definitionen für Angaben wie "fettarm" finden sich unter:
Fettarm In dem Produkt darf nicht mehr als drei Gramm Fett auf pro 100 Gramm sein. Bei flüssigen Lebensmitteln sogar nur 1,5 Gramm/ 100 Gramm.
Fettfrei Das Lebensmittel enthält nicht mehr als 0,5 Gramm Fett auf 100 Gramm oder 100 Milliliter.
Zuckerfrei Das Produkt enthält weniger als 0,5 Gramm Zucker pro 100 Gramm beziehungsweise 100 Milliliter.
Ohne zuckerzusatz Diese Aufschrift ist nur erlaubt, wenn dem Produkt weder Trauben- oder Fruchtzucker (so genannte Einfachzucker oder auch Monosaccharide) noch Rohr-, Milch- oder Malzzucker (Zweifachzucker oder auch Disaccharide genannt) zugesetzt wurden. Wenn das Lebensmittel von Natur aus Zucker enthält, sollt auf dem Etikett der Hinweis "Enthält von Natur aus Zucker" stehen.
Ballaststoffreich Ein Produkt darf mit diesem Adjektiv nur beworben werden, wenn es mindestens sechs Gramm Ballaststoffe pro 100 Gramm, im Fall von flüssigen Lebensmittel mindestens drei Gramm pro 100 Kilokalorien enthält.
Reich an Vitamin xy Diese Angabe ist nur zulässig, wenn das Produkt mindestens 30 Prozent der empfohlenen Tagesdosis des jeweiligen Vitamins enthält. Gleiches gilt für Mineralstoffe.
Frei von gesättigten fettsäuren Die Summe der gesättigten Fettsäuren darf 0,1 Gramm je 100 Gramm nicht übersteigen.