Wenn das Spielen zur Internet-Sucht wird
Experten warnen, dass die Zahl der Erkrankten zunimmt. Betroffen sind vor allem junge Männer.
Düsseldorf. Suchtexperten sehen sich einem neuen Phänomen gegenüber: Sie warnen, dass immer mehr junge Menschen exzessiv Computer und Internet nutzen - bis hin zur Sucht. Betroffen sind vor allem junge Männer.
"Wir sehen das Phänomen seit zehn Jahren, seit 2006 steigen die Zahlen an", sagte Jörg Petry, Psychotherapeut bei der privaten Klinikgruppe Allgemeine Hospitalgesellschaft (AHG), die unter anderem auf die Behandlung von Suchterkrankungen spezialisiert ist. Nach seinen Angaben nutzen drei bis sieben Prozent der 15-Jährigen exzessiv den Computer, wobei Jungen vor allem online spielen und Musik herunterladen, Mädchen dagegen Chatforen besuchen. Das Problem trete in allen sozialen Schichten auf. Besonders anfällig seien aber Kinder aus sozial schwachen Familien.
Die Mehrheit dieser Jugendlichen kehre im Erwachsenenalter zu einer normalen Nutzung des Computers zurück. Bei einer "Kerngruppe" dagegen werde das exzessive Spielen zur Sucht, wobei die Betroffenen bereits vorher psychisch anfällig seien. Die Sucht habe schwere Folgen: Depressionen, Ängste, schulisches und berufliches Versagen, körperliche Probleme wie Übergewicht. "Die Kerngruppe sind Männer zwischen 20 und 30Jahren. Sie ziehen sich völlig in die virtuelle Welt zurück, verweigern jeden Kontakt nach außen."
Auch die Fachambulanz für Suchtkranke an der Düsseldorfer Diakonie ist mit dem neuen Phänomen seit zwei bis drei Jahren konfrontiert, wie Leiter Karl-Heinz-Broich erläutert. Er berichtet, dass die Betroffenen in erheblichem Maß ihre Steuerungsfähigkeit verlören.
Internet-Sucht ist zwar nicht als Erkrankung anerkannt, allerdings zahlen die Kassen laut Petry in der Regel die Behandlung. Er rät Eltern, die ihre Kinder gefährdet sehen, sich beraten zu lassen. Es reiche in solchen Fällen nicht aus, den Stecker aus der Steckdose zu ziehen, weil dies bei Pubertierenden erst recht zu Konflikten führe. Erste Anzeichen für exzessives Computerspielen seien etwa Schulprobleme und körperliche Beschwerden.