„Wir werden kein kollektives Altersheim“
Ältere Menschen sind fitter und wollen sich noch aktiv einbringen.
Berlin. Nächste Woche wird er 81 Jahre alt, er muss es also wissen: "Erst mit siebzig beginnen heute die Leute, sich darauf vorzubereiten, dass sie nicht mehr 30 sind."
Klaus von Dohnanyi, ehemaliger Hamburger SPD-Bürgermeister und immer noch aktiv in Wirtschaft und Politik, ist ein gutes Beispiel für das Verschwinden der klassischen "Alten", für den Einzug einer zunehmend alterslosen Gesellschaft: "Mein ganzes Leben war das so", sagt der 80-Jährige: "Alt waren immer die, die fünf Jahre älter waren als ich." Für Dohnanyi gilt das immer noch.
Auch Dieter Otten, Altersforscher an der Uni Osnabrück und Autor der Studie "Die freie Generation 2009", kennt diese Kluft zwischen Lebensjahren und gefühltem Alter: "Wenn ich an die Alten denke, denke ich nie an mich." Otten ist 66 Jahre alt.
Innerhalb der Studie haben die Soziologen über 45-Jährige nach ihrem Lebensgefühl gefragt und herausgefunden: Die meisten glauben, dass ihr Lebenshöhepunkt bei 60 Jahren liegt, viele rechnen damit, länger als 100 Jahre zu leben.
Das heißt: Alt werden wollen alle, alt sein aber möglichst nie. Denn "alt" bedeutet für die meisten, gebrechlich zu sein und pflegebedürftig. Die Ursache für den Optimismus sehen die Soziologen in der Lebenswirklichkeit der meisten älteren Deutschen: "Das Leben macht Spaß, die Zukunft bringt Gutes."
Nur ungern lassen sich die Junggebliebenen deshalb in lebenszeitliche Schubladen stecken: Kaum Zustimmung gab es für Begriffe wie "Best Ager" oder "Generation Kukident". Die "Freie Generation" geht lieber ihre eigenen Wege: Mehr als jeder Dritte etwa spart nicht mehr für seine Erben, sondern will sein Geld zu Lebzeiten ausgeben.
Das wichtigste Ergebnis seiner neuen Umfrage fasst der Altersforscher Dieter Otten wie folgt zusammen: Es wird in Deutschland zwar immer mehr Menschen mit hohem Alter geben, aber nicht immer mehr klassische "Alte".
Die Angst vor der überalterten Gesellschaft gehe von falschen Vorstellungen aus: "Wir werden kein kollektives Altersheim sein", sagt Otten, sondern eine Gesellschaft mit einem hohen Anteil von über 60-Jährigen, die sich aber verhalten, fühlen und einmischen wollen wie mit 40.