Ägypten im Notstand: Das sollten Reisende jetzt wissen
Berlin (dpa/tmn) - Immer neue Auseinandersetzungen, Hunderte Tote, Ausnahmestand: Ägypten steckt in einer tiefen politischen Krise. Nun hat auch das Auswärtige Amt seinen Reisehinweis verschärft. Was Reisende jetzt wissen müssen:
Wie schätzt das Auswärtige Amt die Lage ein?
Das Auswärtige Amt rät seit Freitag (15. August) grundsätzlich von Reisen nach Ägypten ab. Dazu zählen nun auch die Urlaubsregionen am Roten Meer. Bereits seit längerem rät die Behörde dringend von Reisen nach Kairo, in die Touristenzentren in Oberägypten (Luxor, Assuan, Nilkreuzfahrten) und in das Nildelta ab. Wer sich in den Urlaubsregionen befindet, sollte sich besonders umsichtig verhalten und den Hinweisen der Hotels und Reiseveranstalter unbedingt Folge leisten. Unbedenklich ist laut Auswärtigem Amt ein Transitaufenthalt am Flughafen Kairo. Dieser funktioniere normal und sei gut gesichert.
Hat der Ausnahmezustand Auswirkungen auf die Touristen?
Teil des Ausnahmezustands ist eine nächtliche Ausgangssperre. Diese gilt dem Auswärtigem Amt zufolge jedoch nicht für die Urlaubsorte auf der Festlandseite des Roten Meeres. Betroffen ist davon auch die Provinz Süd-Sinai. Die Regierung beschloss eine Ausnahme: Die Ausgangssperre in der Provinz gilt nicht für den Badeort Scharm el Scheich. Das entschied das Kabinett nach Angaben aus Sicherheitskreisen in Kairo.
Am Donnerstag (15. August) gab es den ersten Bericht von Zusammenstößen in Hurghada. Dabei kam nach Angaben aus Sicherheitskreisen ein Mensch ums Leben. Die Reiseveranstalter sagen jedoch, dass die Situation für Touristen am Roten Meer unverändert ruhig sei. Ein Reiseleiter von Tui in Hurghada berichtet, dass zwar alle Hotels und Airlines vor Ort normal arbeiten. Die Anfragen besorgter Kunden, die ihre Reise noch vor sich haben, hätten aber deutlich zugenommen.
Welche Rechte habe ich, wenn ich eine Ägyptenreise gebucht habe?
Laut dem Reiserechtler Paul Degott aus Hannover müssen Touristen nicht mit Stornierungskosten rechnen, wenn sie jetzt eine Reise nach Ägypten absagen möchten. In so einer Situation könne man niemandem mehr zumuten, in Ägypten Urlaub zu machen, erläuterte Degott. Ein flächendeckender Notstand heiße: „Es kann alles zusammenbrechen, es ist gefährlich.“ Das gelte seiner Meinung nach bereits, seitdem der Ausnahmezustand herrscht. Der verschärfte Sicherheitshinweis des Auswärtigen Amts bestätige diese Bewertung noch einmal, sagte Degott am Freitag.
Das gilt nach Degotts Einschätzung zunächst nur ungefähr für die kommenden zwei Wochen. Je weiter der Abreisetermin in der Zukunft liegt, desto weniger sicher ist, dass Touristen keine Stornierungskosten tragen müssen. „Denn entscheidend ist die Situation heute, und zwar nicht subjektiv nach Angstgefühl, sondern objektiv“, sagt Degott. Im Moment sei die Situation auch objektiv gefährlich. Stornieren Urlauber jetzt schon Reisen, die erst Mitte oder Ende September beginnen sollten, müssten sie unter Umständen damit rechnen, dass sie die Kosten selber tragen müssen.
Wie reagieren die Reiseveranstalter?
Tui reagierte am Freitag (16. August) als erster großer Veranstalter auf die neue Lage. Bis einschließlich 15. September sagte der deutsche Marktführer alle Reisen in das nordafrikanische Land ab. Urlauber, die sich derzeit in den Baderegionen am Roten Meer befinden, können ihren Urlaub jedoch fortsetzen, da es dort unverändert ruhig sei. Wer seinen Urlaub dennoch abbrechen möchte, soll sich laut Tui an die Reiseleitung vor Ort wenden. Die Absage der Reisen gilt für die Marken Tui, 1-2-FLY, airtours und Discount Travel.
Ähnlich reagieren auch die deutschen Veranstalter von Thomas Cook (Neckermann Reisen, Thomas Cook, Bucher Last Minute und Öger Tours). Auch diese bringen vorerst keine neuen Gäste mehr nach Ägypten. Bereits gebuchte Reisen werden abgesagt. Auf Wunsch erhalten Kunden ein alternatives Reiseziel angeboten. Die Regelung gilt bis zum 15. September 2013. Urlauber, die bereits vor Ort sind, werden wie gebucht nach Deutschland zurückfliegen. Die Airline Condor wird nach eigenen Angaben keine Fluggäste mit Abflügen bis einschließlich 15. September nach Ägypten befördern.
Alltours sagte ebenfalls alle Reisen bis zum 15. September ab. Auch bei dem Duisburger Veranstalter ist keine großangelegte Rückholaktion von Ägypten-Urlaubern geplant. Auf die gleiche Art reagierten die sechs Veranstalter von DER Touristik sowie FTI.
Kunden von Phoenix Reisen können jetzt alle Ägyptenreisen, die für diesen Winter geplant sind, kostenlos stornieren. Entscheiden dürfen sie sich bis Ende September. Die Urlauber, die bereits am Roten Meer sind, wollten momentan auch bleiben, sagte ein Sprecher. „Aber wir zwingen unsere Gäste nicht, dort zu bleiben.“
Der Deutsche Reiseverband (DRV) bittet Urlauber mit Abreisen in den nächsten Tagen, sich direkt an ihr Reisebüro oder den Reiseveranstalter zu wenden, um die aktuellen Reisebedingungen zu klären. Reisenden vor Ort in den Touristengebieten am Roten Meer könnten ihren Urlaub fortsetzen. Ihnen wird aber empfohlen, sich während ihres weiteren Aufenthalts besonders umsichtig zu verhalten und den Hinweisen der Hotels und Reiseveranstalter unbedingt Folge zu leisten.
Kann ich noch eine Nilkreuzfahrt machen?
Auch von Nilkreuzfahrten rät das Auswärtige Amt dringend ab. Die meisten Veranstalter haben ihre Reisen abgesagt. Phoenix Reisen hat alle Flusskreuzfahrten auf dem Nil bis zum 14. September gestrichen. Auch Schauinsland Reisen bietet bis auf weiteres keine Fahrten an. Nicko Tours hat sich mit seinem Schiff vollständig aus Ägypten zurückgezogen. Die Saison für Nilkreuzfahrten sollte eigentlich im August beginnen und bis Dezember dauern. Der Veranstalter sagte die Touren ab und hat Ägypten auch im kommenden Jahr nicht im Programm.
Auf was müssen sich die Hochseekreuzfahrer einstellen?
Im Herbst und kommenden Winter wird es so gut wie keine Anläufe von Hochseekreuzfahrtschiffen in Ägypten geben. So haben zum Beispiel die Reedereien MSC Kreuzfahrten, Aida Cruises, Costa, Holland America Line, Seabourne sämtliche Fahrten im Roten Meer auf andere Ziele umgeroutet, Stopps an den ägyptischen Mittelmeerhäfen fallen aus.