Gedenken mit Spaß: „Titanic“-Ausstellung mit Wrack-Entdecker
Mystic (dpa/tmn) - Im April 1912 sank die „Titanic“ vor Neufundland. Jetzt erinnert im Städtchen Mystic in der Nähe von New York eine Ausstellung an die Opfer. Konzipiert wurde sie von Robert Ballard, der einst das Wrack des Schiffs entdeckte.
Bis auf die Höhe von Mystic ist die „Titanic“ nicht mehr gekommen. Im April 1912 sank sie vor Neufundland, einen Tag, bevor sie an dem Städtchen 200 Kilometer nördlich von New York vorbeigedampft wäre. Jetzt ist sie in Mystic aufgetaucht, in Form einer gerade eröffneten Dauerausstellung, die der Ozeanograph Robert Ballard konzipiert hat - der Mann, der 1985 das Wrack der „Titanic“ in fast 3800 Metern Tiefe entdeckt hatte.
„Um es vorweg zu nehmen: Artefakte aus der 'Titanic' werden Sie hier nicht finden“, bremst der Forscher die Erwartungen einiger Gäste. Der 69-Jährige lehnt es strikt ab, Gegenstände von Wracks heraufzuholen, sofern es nicht für die Wissenschaft unumgänglich ist. „Mit der 'Titanic' sind etwa 1500 Menschen gestorben. Das ist ein Massengrab! Also behandeln wir sie auch so und lassen diesen Menschen ihre Würde. Ich gehe doch auch nicht mit einer Schaufel auf den Friedhof, nur weil ich alte Uhren mag!“
Ballard geht es um die Schicksale der Menschen: „Wir wollen das erfahrbar machen. Warum gingen sie auf die Reise? Welche Hoffnungen hatten sie, und wie kämpften sie um das Überleben? Wer hat überlebt - und wer nicht? Die 'Titanic' waren Schicksale, nicht Show.“
Zu Ballards Lieblingsobjekten gehört nachgebildeter Meeresgrund, der so wie der Grund neben der „Titanic“ aussieht. Überall liegen paarweise Schuhe: „Die Menschen sind im eiskalten Wasser erfroren, und ihre Körper sind dann neben dem Wrack nach unten gesunken. Es regnete Leichen um die 'Titanic'. Die Körper zerfielen, die Kleider zerfielen, die Knochen zerfielen - übrig sind nach 100 Jahren nur noch die Schuhe, immer zwei nebeneinander auf dem Meeresboden, ein Paar, in dem einmal ein Mensch steckte.“
Filme und Tafeln erzählen deshalb von Überlebenden und auch denen, die es nicht schafften. Von gewaltigen Fotos blicken die Besucher Menschen an, die ihr eigenes Leben retten konnten, das ihrer Lieben oft nicht. „Diese Ausstellung ist denen gewidmet, die ihr Leben verloren“, sagt deshalb auch Stephen Coan von der Sea Research Foundation. Die Forschungsstiftung hat die Schau konzipiert.
Wer andächtige Stille erwartet, ist aber in Mystic falsch. Lärmende Kinder laufen durch die Ausstellungsräume, die mit Handrädern und Rohren, Steuerrädern und Kompassen, Dampfkesseln und Leitungen den Segmenten des Schiffes nachempfunden sind. Wie so oft in amerikanischen Museen gilt: Anfassen erwünscht! „Die Kinder sollen etwas lernen, aber das geht doch auch mit Spaß“, sagt Tim Delany.
Der alte Freund Ballards war Jahrzehnte bei Disney und hat seine Erfahrung in die Ausstellung eingebracht. „Wir möchten, dass man abends nach Hause fährt und etwas schlauer, etwas neugieriger und vielleicht auch etwas nachdenklicher ist. Aber auch, dass die ganze Familie sagt: 'Hey, und Spaß gemacht hat es auch noch!'“
Entsprechend gibt es viel Multimedia. Auf großen Bildschirmen dürfen die Besucher Filme anklicken und Reiseberichte nachlesen. Interessante Fakten erscheinen plötzlich an der Museumswand: „Seeleute berichten, sie hätten unweit der Untergangsstelle einen Eisberg mit Farbspuren gesehen.“ Oder auch: „Der Eisberg hatte die Größe Jamaikas.“ Dabei ist alles in ein Halbdunkel gehüllt, fast so wie in Ballards Schiff vor 27 Jahren, als er die „Titanic“ fand. Der Forscher selbst zumindest fühlt sich sichtlich wohl in der von ihm mitgestalteten Ausstellung: „Ja“, sagt er, „Wissenschaft kann so spannend sein!“