Ägyptens Fremdenverkehr im Stop-and-go-Modus

Kairo/Scharm el Scheich (dpa) - Unruhen, Polizeigewalt und Terror tun dem Tourismus am Nil nicht gut. Die Hotels auf dem Sinai fahren auf Sparflamme. Optimisten hoffen auf einen neuen Boom in drei bis fünf Jahren.

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Gerade aber werden Reisen abgesagt.

Das Ägyptische Museum in Kairo ist ein Juwel der Weltkultur. Statuen, Sarkophage, Reliefs und Grabbeigaben aus den pharaonischen Epochen überwältigen den Betrachter mit ihrer Schönheit und Kunst. Im Moment kann man diese bis zu 5000 Jahre alte Pracht in seltener Beschaulichkeit genießen. Besucher können sich ungestört minutenlang in den Anblick der goldenen Totenmaske des Pharaos Tutenchamun vertiefen. „Es ist ein Jammer“, sagt Museumsführer Ahmed Mustafa und deutet mit der Hand auf den fast leeren Vorplatz. „Früher haben sich hier an einem Vormittag wie diesem 2000 Menschen zusammengedrängt.“

Als das Volk vor drei Jahren Langzeitherrscher Husni Mubarak stürzte, herrschte viel Euphorie. Kurz schien es, als könne der Tourismus Ägyptens große Stütze beim Neuanfang sein. Mit Einnahmen von 10 Milliarden Euro hatte der Fremdenverkehr 2010 zu mehr als sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts beigetragen. Doch auf Mubaraks Sturz folgten neue Unruhen, neue Polizeigewalt und schließlich Terroranschläge.

Seitdem folgen die Fremdenverkehrszahlen ziemlich genau dem Auf und Ab der ägyptischen Machtkämpfe. Kamen im Vor-Revolutionsjahr 2010 noch 1,3 Millionen Deutsche ins Land, waren es im Jahr danach nur noch 966 000. 2012 zählte man wieder 1,16 Millionen deutsche Urlauber und allein von Januar bis Mai 2013 eine hoffnungsvolle halbe Million.

Bis im Juli das Militär nach Massenprotesten den gewählten islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi stürzte. Sicherheitskräfte schlugen Demonstrationen der Islamisten brutal nieder. Allein in Kairo gab es Hunderte Tote - und bei den Reiseveranstaltern brachen die Buchungen ein. So kamen 2013 am Ende doch nur gerade so viele deutsche Urlauber wie im Umbruchjahr 2011.

„Das Interesse der Urlauber an Ägypten ist nach wie vor hoch, aber die Menschen wollen Sicherheit“, sagt der Präsident des Deutschen Reiseverbands (DRV), Jürgen Büchy wenige Tage vor Beginn der weltgrößten Reisemesse ITB (5.- 9.März) in Berlin. Jeder neue Vorfall bremst den Tourismus. Es ist ein Stop-and-go, der der Branche zusetzt.

In der vergangenen Woche erst sagten die Veranstalter Tui, Thomas Cook und Neckermann alle Reisen nach Scharm el Scheich ab. FTI leitet Reisende nach Hurghada um. Sie richteten sich nach den Reisewarnungen des Auswärtigen Amts, erläutert Tui-Sprecherin Anja Braun. Zwei Wochen zuvor hatte sich ein Selbstmordattentäter an einem Touristenbus im Sinai-Badeort Taba in die Luft gesprengt. Er riss drei südkoreanische Urlauber und den ägyptischen Busfahrer mit in den Tod. Es war seit der Terrorwelle zwischen 2004 und 2006 der erste Anschlag auf ein touristisches Ziel. „Dramatische Einbrüche“ in der touristischen Nachfrage habe es trotzdem nicht gegeben, sagt Büchy.

Der südliche Sinai und die Rotmeer-Küste des Festlands ziehen mit ihren sonnigen Stränden gut 80 Prozent der Ägypten-Urlauber an. Die deutschen Gäste buchen laut Braun eher auf dem Festland, 90 Prozent von ihnen in Hurghada. Ägypten komme nach Hiobsbotschaften immer schnell zurück, sagt sie. Auch vor dem neusten Anschlag habe es einen leichten Aufwärtstrend gegeben. Insgesamt liegen die Zahlen laut DRV aber unter dem Vorjahr.

Die Hotelburgen auf dem Sinai fahren deshalb auf Sparflamme. „Wir haben 40 Prozent weniger Gäste als im Vorjahr“, sagt Rami Riskallah, Vizepräsident der Savoy-Hotelgruppe in Scharm el Scheich. „Die Buchungen für März und April sahen gut aus, doch seit Taba treffen sie wieder nur schleppend ein. Hoffentlich passiert bis Mitte März nichts mehr, denn dann erwarten wir die Sommerbuchungen.“

Manche sperren auch ganz zu. Der Unternehmer Omar Abu al-Fath schloss sein Tauch-Zentrum in Scharm el Scheich kurz vor der Absetzung Mursis. „Ich wusste, die Islamisten werden keine Ruhe geben, und ich dachte, lieber zusperren, bevor ich Verluste schreibe“, sagt er. Mittelfristig zeigt er sich aber optimistisch. „In drei bis fünf Jahren sind wir über den Berg und dann boomt es hier wieder.“