„Leichte Panik“ Die Folgen der Air-Berlin-Pleite für Pauschalreisen
Berlin (dpa/tmn) - Jetzt noch bei Air Berlin buchen? Das fragen sich viele Individualreisende. Auch Pauschalurlauber sind von der Insolvenz betroffen. Denn die Reiseveranstalter haben ihre Pakete häufig mit Flügen der Airline geschnürt.
Was in drei Monaten und später aus den Strecken wird, ist offen.
Klar ist: Wenn ein Air-Berlin-Flug wegfällt, muss der Veranstalter den Urlauber auf einen anderen Flug umbuchen. Dadurch können sich die Flugzeiten empfindlich ändern und Zeit am Urlaubsort verloren gehen. Unter Umständen können Urlauber Geld zurückverlangen.
Beispiel: Die Anreise einer einwöchigen Pauschalreise im Wert von 700 Euro verschiebt sich durch den Ausfall eines Air-Berlin-Flugs um einen Tag nach hinten. „In diesem Fall kann der Urlauber den Preis mindern“, erklärt der Reiserechtler Prof. Ernst Führich. Angemessen ist hier der Tagespreis, in diesem Beispiel also 100 Euro.
Doch die Rechte sind im Einzelfall noch umfassender. Ein Urteil des Amtsgerichts Köln zeigt: Wenn ein Reiseveranstalter den Rückflug in die Nacht vorverlegt, kann der Urlauber vor Reisebeginn den Vertrag ohne Stornogebühren kündigen (Az.: 133 C 265/15). Das Argument: Die Vorverlegung des Rückflugs beeinträchtigt die Nachtruhe empfindlich und ist nicht zumutbar. Im verhandelten Fall wurde der Flug von 14.30 Uhr am Nachmittag auf 3.50 Uhr in der Nacht vorverlegt. Grund war auch hier die Insolvenz der Fluggesellschaft.
Die meisten Pauschalreisenden dürften allerdings ein Interesse daran haben, irgendwie doch in den Urlaub zu kommen. Aber die Kunden sind durch die Air-Berlin-Insolvenz alarmiert. „Es gibt eine leichte Panik“, sagte Timo Kohlenberg, Geschäftsführer des Veranstalters America Unlimited. „Die Kunden, die einen Air-Berlin-Flug haben, rufen reihenweise an.“ Der USA-Spezialist reagiert darauf.
Bei Reisen in den kommenden drei Monaten wartet America Unlimited zunächst ab. Denn für diesen Zeitraum soll der 150-Millionen-Kredit der Bundesregierung den Flugbetrieb von Air Berlin sichern. „Alles darüber hinaus versuchen wir aktiv umzubuchen“, sagte Kohlenberg. Aus einem Direktflug könne da mal eine Umstiegsverbindung werden.
Die großen deutschen Reiseveranstalter sehen dagegen noch keinen Handlungsbedarf. Tui-Sprecherin Anja Braun erklärte auf Anfrage: „Änderungen im Winterflugplan gibt es aktuell keine. Entsprechend werden auch keine Tui-Urlauber auf andere Flüge umgebucht.“ Rund 75 Prozent der Tui-Gäste fliegen ohnehin mit Tuifly.
Die Sprecherin von Thomas Cook und Neckermann, Isabella Partasides, sagte: „Die Flugpläne bleiben nach aktuellem Stand unverändert und behalten ihre Gültigkeit.“ Der Flugbetrieb sei bis auf weiteres gesichert. Als Veranstalter werde man „unabhängig davon“ die Beförderung der Gäste gewährleisten. Thomas Cook fliegt die meisten Gäste mit der eigenen Airline Condor.
Auch vom Veranstalter FTI heißt es: Die Flugpläne bleiben gültig. Man gehe davon aus, dass alle Flüge der Air Berlin und der Tochter Niki weiterhin stattfinden. DER Touristik erklärte, man sei auf alle erdenklichen Szenarien vorbereitet und werde Lösungen für die Pauschalgäste finden. Aktuell lägen keine Flugzeitänderungen vor. Hinzukommt: Der ausgegliederte Ferienflieger Niki, der auch die Mallorca-Flüge abwickelt, ist noch nicht insolvent. Es ist aber offen, wer diese Fluggesellschaft kauft.
Alltours rechnet nicht mit Engpässen bei den Flügen. Im Winter stehen generell mehr Kapazitäten zur Verfügung als im Sommer. Möglich ist, dass andere Airlines die Strecken von Air Berlin übernehmen und diese damit erhalten bleiben. Am Donnerstag (17. August) hieß es, Air Berlin verhandele mit drei Interessenten über eine Übernahme von Teilen des Geschäfts. Dennoch könne es sein, dass ab Dezember Flugumbuchungen erforderlich sein werden, sagte Alltours-Sprecher Goran Goic.
Alle Veranstalter wollen ihre Kunden frühzeitig über Flugzeitänderungen informieren. Pauschalurlauber mit Air-Berlin-Flug müssen nun erst einmal abwarten. Sie sollten sich aber darauf einstellen, dass ihre Hin- und Rückreise anders verlaufen wird als geplant. Denn wer wird jetzt noch auf die Krisen-Airline setzen? Es sei sehr unwahrscheinlich, dass irgendein Reiseveranstalter Air Berlin für seine Pauschalreisen in diesem Winter oder dem nächsten Sommer einplanen will, schrieb Luftfahrt-Experte Daniel Roeska vom Analysehaus Bernstein.