Erst bekommen sie Kekse, dann reißen sie Himalaya-Wildtiere
Kathmandu (dpa) - Wo der Mensch hingeht, folgt ihm gerne der Hund. Das gilt auch im Himalaya-Gebirge. Dort werden herumstreunende Hunde nun zur Bedrohung für seltene Tiere. Touristen sind an dem Problem nicht unschuldig.
Wer in Nepal wandern geht, kann mit etwas Glück Schneeleoparden oder Himalaya-Glanzfasane entdecken. Viel häufiger sehen Bergsteiger jedoch wilde Hunde, die entlang der Pfade oder in den Abfalleimern von Hotels nach Fressbarem suchen. „Sie folgen den Touristen überall hin, weil diese ihnen Futter geben. Und wenn sie kein Futter mehr finden, attackieren sie Vieh und manchmal auch wilde Tiere“, sagt Khageshwar Bhattarai, Direktor der Himalaya-Stiftung zur Rettung von Tieren.
Die Ausbreitung der Hunde wird zu einem immer größeren Problem in Nepal. Wanderer berichten, dass sich die Hunde wie Wölfe zu Rudeln zusammenschließen und gemeinsam Schafe und Kälber erlegen oder sogar Küchenzelte der Bergsteiger überfallen. Daneben machen sie laut Tierschützern Jagd auf wilde Vögel, Moschushirsche, junge Blauschafe und den Roten Panda, der als gefährdete Art auf der Roten Liste steht.
„In einem Versuch, die explodierende Zahl der Hunde in den Griff zu bekommen, haben einzelne Dorfbewohner mit Gift versehene Köder entlang der Pfade ausgelegt, um die Hunde zu töten“, sagt der Naturkundeführer Mukhiya Godame. Doch das habe sich als wenig wirksam erwiesen. „Außerdem tötet das Gift ohne Unterschied alle Tiere, die es finden, also auch Füchse, Schakale und Geier.“
Die Fotojournalistin Debby Ng aus Singapur hat deswegen - ähnlich wie zahlreiche andere Organisationen auch - das Projekt Himalaya-Mischlinge ins Leben gerufen. Helfer fangen im östlichen Distrikt Manang die halbwilden und wilden Hunde ein, bringen sie zu Camps und sterilisieren oder kastrieren sie. Außerdem werden sie gegen Tollwut geimpft, um auch die Menschen in der Region zu schützen, wie Ng erklärt.
„Die Hundepopulation hängt von der Verfügbarkeit von Futter und Platz ab“, sagt Ng. „Werden die Straßenhunde getötet, vermehrt sich die verbleibende Population rapide, um die biologische Lücke zu schließen.“ Deswegen sei es effektiver, die Hunde unfruchtbar zu machen, als Gift auszulegen. Rund 160 Tiere seien in mehreren Camps, eines davon in Ngarwal auf 3600 Metern über dem Meeresspiegel, behandelt worden.
Zunächst sei es schwierig gewesen, die Dorfbewohner zu überzeugen, auch ihre Hunde zu bringen sagt Naturkundeführer Godame, der aus Manang stammt. „Viele sind sich nicht bewusst, welche Rolle die Hunde in der Ökologie spielen.“ Doch schließlich hätten die Bewohner ihnen sogar geholfen. „In einigen Dörfern gingen die Menschen los, um herumstreunende Hunde zu fangen und uns zu bringen.“
Weiteres Handeln sei nun dringend gefragt, sagt Godame, denn „wir leben in einer fragilen Umwelt“. Wenn die Natur leide, wirke sich das auch auf die Tourismusindustrie aus, die einen sehr wichtigen Wirtschaftszweig in Nepal darstellt.
Auch die Touristen müssten lernen, Verantwortung zu übernehmen, meint der Mountainbike-Trainer Ajay Narsingh Rana, der ebenfalls am Projekt beteiligt ist. Dabei gehe es nicht nur um das Füttern von Keksen ab und an. „Es entstehen Probleme, wenn Touristen während ihres Aufenthalts in Nepal einen Hund adoptieren und dann, wenn sie gehen, bei jemandem zurücklassen.“ Manche Nepalesen pflegten diese Hunde. „Aber für andere werden sie zur Bürde.“