Offshore-Windanlagen - Helgolands neue Touristenattraktion

Helgoland (dpa) - Vor Helgoland entstehen derzeit drei Offshore-Windparks, die Hochseeinsel will davon als Servicehafen profitieren. Nun sollen die Windräder auch zur Attraktion für Touristen werden.

Nun startete die erste öffentliche Schiffsfahrt zu einem Windpark.

Das Ausflugsschiff „Halunder Jet“ fährt am Freitag (30. August) direkt in den Windpark Meerwind Süd/Ost vor Helgoland hinein. Dicht gedrängt stehen Touristen auf dem Deck des Katamarans und schauen zu den 95 Meter hohen Windrädern. Über Lautsprecher erhalten die Gäste Informationen über die drei Offshore-Windparks, die derzeit vor Deutschlands einziger Hochseeinsel entstehen. Es ist die erste öffentliche Fahrt zu einem der Windparks, die zur Touristenattraktion werden sollen. „Ganz stark“, sagt Urlauber Klaus Vettermann aus Hessen beim Anblick der riesigen Turbinen.

Seit kurzem gibt es auch Rundflüge des Ostfriesischen-Flug-Dienstes (OFD) über den Windpark. „Wir spüren ein großes Interesse an dem Thema, das wir touristisch aufgreifen wollen“, sagt Helgolands Tourismusdirektor Klaus Furtmeier.

Der erste Törn ist laut Flensburger Förde Reederei Seetouristik (FRS) ein Test. Knapp 130 Tickets wurden verkauft, FRS ist mit diesem Ergebnis zufrieden. Wenn die Kalkulation am Ende stimmt, soll es im kommenden Jahr mehrere dieser Fahrten geben. „Ich würde mir wünschen, dass der Katamaran nächstes Jahr in der Hochsaison schon vier bis fünf Fahrten anbietet“, sagt der Bürgermeister von Helgoland, Jörg Singer.

Meerwind Süd/Ost ist 23 Kilometer von der Felseninsel entfernt und liegt damit am dichtesten dran. 30 Minuten braucht der Katamaran, um sein Ziel zu erreichen. Zu dicht darf das Schiff nicht ran - aus Sicherheitsgründen. Die Gäste sehen: Die Fundamente sind alle gesetzt, 14 von 80 Windturbinen bereits installiert. Ende 2013 soll der Bau fertig sein.

Im Aufbau sind zudem die Windanlagen Nordsee Ost (RWE Innogy) und Amrumbank West (Eon), die aber zwischen 30 und 35 Kilometer weg sind. Die Arbeiten an Meerwind Süd/Ost sind laut Betreiber WindMW aus Bremerhaven am weitesten fortgeschritten.

Die drei Offshore-Projekte sollen jeweils eine Gesamtleistung von fast 300 Megawatt haben. Probleme beim Bau - etwa die Anbindung ans Festland - hatten für Verzögerungen gesorgt. „Ich gehe davon aus, dass bis Ende 2015 alle drei am Netz sind“, sagt Singer. Auf Helgoland entsteht derzeit mit Millionen-Investitionen ein Offshore-Servicehafen, denn künftig sollen von dort aus mehr als 200 Windturbinen regelmäßig versorgt und gewartet werden. Nach Jahren des Niedergangs erhofft sich die Hochseeinsel davon neuen Aufschwung und zusätzliche Arbeitsplätze.

Zu den 20-minütigen Rundflügen sollen die Maschinen mittwochs und sonntags abheben, wenn sich mindestens acht Interessenten finden. „Wir wollen nun erst mal Erfahrungen sammeln“, sagt OFD-Sprecherin Corina Habben. Möglicherweise werde es 2014 dann noch mehr Termine geben. Laut Gemeinde sind im kommenden Jahr auch Führungen im Hafen geplant. Besucher können dann beobachten, wie Arbeiter Boote beladen und zu den Windparks rausfahren.

Ob Schiffsausflüge oder Flüge zu den Windturbinen - nach Angaben von Andreas Wagner, Geschäftsführer der Stiftung Offshore Windenergie, hat es in Deutschland bisher erst wenige solcher Angebote gegeben. „Die Schwierigkeit ist, dass die meisten Projekte sehr weit von der Küste entfernt sind“, berichtet er. Umso weiter es rausgehe, desto höher sei das Wetterrisiko. Die Stiftung befürworte so ein Programm, weil es über die neue Technik informiere und Vorurteile abbaue.

Doch die Offshore-Bemühungen Helgolands haben für die Tourismusbranche auch negative Auswirkungen: Seit Anfang dieses Jahres können Urlauber zehn Jahre lang keine Zimmer mehr im luxuriösen Designhotel Atoll buchen, weil das Energieunternehmen WindMW das ganze Haus für seine Mitarbeiter und Gäste reserviert hat.

Nach Angaben von Detlev Rickmers, dessen Hotels auf der Insel einen Marktanteil von 35 Prozent haben, hat die Offshore-Ansiedlung für Helgolands Bemühungen um mehr Urlauber aber auch entscheidende Vorteile gebracht: mehr Schiffsverbindungen im Winter und der Umbau des Binnenhafens zum Anziehungspunkt für Touristen.

Sorgen macht sich Rickmers jedoch, dass durch die Offshore-Arbeiten ein falsches Bild der Insel entstehen könnte. Wer Helgoland nicht kenne, könne irrtümlich den Eindruck gewinnen, die Insel sei nun eine große Baustelle und hohe Windkraftanlagen versperrten die Sicht, sagt Rickmers. Es sei deshalb wichtig immer wieder zu betonen, dass weder Bauarbeiten noch die weit entfernten Windkraftanlagen den Urlaub stören.