Entdeckungen in Schottlands Süden

Auf den Spuren von Bonnie Prince Charlie die beeindruckenden Schlösser besichtigen.

Glasgow. Mit dem Pferd durchs Treppenhaus? Bonnie Prince Charlie hatte anscheinend ein Faible für spektakuläre Auftritte. Der Möchtegern-König von England blieb zwar, wie wir heute wissen, Mitte des 18. Jahrhunderts mit seiner Invasion der Insel ziemlich erfolglos — am Ende musste er sogar in Frauenkleidern flüchten.

Doch in Drumlanrig Castle ließ er bei seinem Besuch 1745 noch ganz den Herrscher raushängen — und erklomm die herrschaftliche Freitreppe, auf die die Vorfahren des heutigen Duke’s of Buccleuch doch so stolz waren, auf einem PS.

So wird es heute den Besuchern erzählt. Danach habe der „hübsche Prinz Charlie“ in einem der vielen prunkvollen Räume genächtigt und sei schließlich von dannen gezogen — um später in der Schlacht von Culloden sein Waterloo zu erleben.

Charlie war aber nicht der einzige edle Gast, den das Schloss beherbergte. Neil Armstrong, der erste Mann auf dem Mond, war auch da, erzählt der Tourguide stolz. Und dieser Promi hat sich ganz sicher besser benommen.

Ebenso wie Scheichs, die heute — mit dem nötigen Kleingeld ausgestattet — Drumlanrig mieten. Der Großteil der Gemälde wird dann abgehängt. Vielleicht, weil das Schloss doch zu sehr nach Museum aussieht? Die Buccleuch art collection zählt zu den größten Privatsammlungen Europas.

Der Duke darf sich stolzer Besitzer eines Rembrandts und eines da Vincis nennen. Namen, die auch Kunstbanausen ein ehrfurchtsvolles Raunen entlocken dürften. „Von Letzterem sind überhaupt nur zwei Gemälde in Privatbesitz“, setzt der Guide dann gleich noch ein Ausrufezeichen hinterher.

Sogar Bergisches erwartet die Besucher: 400 Jahre alte Schwerter und Degen — „made in Solingen“ — zieren die Wand.

Doch das ein oder andere eher profane Familienfoto auf dem Tischchen oder an der Wand verrät: Drumlanrig ist nicht nur ein Museum. Dass zum Beispiel das Polster des Sofas ordentlich strapaziert wirkt, hat nicht nur mit den 300 Jahren zu tun, die das antike Möbelstück schon auf dem Buckel hat.

„Das waren die Kinder der jetzigen Eigentümer“, erklärt der Guide schmunzelnd und macht ein paar angedeutete Sprungbewegungen. „Die Familie lebt hier halt auch.“ Es gibt sicher schlechtere Plätze — allein das waldreiche Grundstück reicht weiter als das Auge des Besuchers, selbst wenn sich der typisch schottische Nebel verzogen hat.

Drumlanrig darf auf einer Tour durch den schottischen Süden auf keinen Fall fehlen. Dabei ist die Region touristisch noch eher ein Geheimtipp. Wer nach Schottland reist, reist meist „obenrum“. Doch warum Edinburgh oder Glasgow nicht mal als Ausgangspunkt für einen Abstecher in den Süden nutzen?

East Lothian sowie Dumfries and Galloway etwa bieten auch für diejenigen Urlauber etwas, die bei Schottland zuerst nur an die Highlands denken.

2013, das Jahr der Natur Schottlands, lässt sich trefflich im Süden feiern, zum Beispiel bei einer „Seafari“.

Die Rettungswesten angelegt, geht es per Boot raus auf See. Das kann mitunter ganz schön wackelig werden, dafür warten am Bass Rock wundervolle Naturschauspiele. Dort, ein paar Seemeilen vor North Berwick, können Besucher auf den spektakulären Felseninseln die drolligen Puffins, hierzulande als Papageientaucher bekannt, beobachten.

Wer nach der Bootstour hungrig wieder im Hafen ankommt, darf sich auf ein kulinarisches Schmankerl freuen: Hummer werden stilecht mit Holzgäbelchen verspeist.

Wer es lieber etwas kultureller mag, kann in der Region auch den Spuren Robert Burns’ folgen. Diverse Pubs werben damit, dass der schottische Nationaldichter dort nicht nur das eine oder andere Pint getrunken hat, sondern auch eins seiner Gedichte entstanden ist.

Wer zum Ausklang der Reise noch etwas Besonderes erleben will, kann in Kirkcolm im Corsewall Lighthouse Hotel nächtigen. Während die Brandung draußen rauscht, lässt sich ganz in Ruhe der Whiskey genießen. Bonnie Prince Charlie hätte es sicher gut dort gefallen — nur mit seinem Pferd wäre es doch etwas zu eng auf dem Leuchtturm geworden.