Schöne Dörfer, wilde Wälder: Pilgerpfaden im Burgund

Vézelay (dpa/tmn) - Vézelay im Burgund gilt als eines der schönsten Dörfer Frankreichs. Im Mittelalter war es eine blühende Stadt. Geblieben sind die eindrucksvollen Mauern, Türme und Tore. Heute kommen Touristen in Scharen, genau wie Pilger auf dem Weg nach Santiago.

Vézelay ist heute ein Dorf. Aber gleich ein paarmal wurde hier Weltgeschichte geschrieben: „So gürtet Euch mannhaft und ergreift die glücklichen Waffen im Eifer für Christi Namen!“ Mit diesen Worten rief der heilige Bernhard von Clairvaux 1146 die Gläubigen in Vézelay zum Kreuzzug auf. Philipp II. und Richard Löwenherz sammelten 1190 hier ihre Heere, um ins Heilige Land aufzubrechen. Noch einmal knapp drei Jahrzehnte später gründete der heilige Franz von Assisi in Vézelay ein Kloster - sein erstes in Frankreich.

Viel Fantasie braucht der Besucher des 21. Jahrhunderts nicht, um sich Ritter in blitzenden Rüstungen auf edlen Rössern vorzustellen. Vézelay erinnert immer noch an eine wehrhafte Stadt mit ihren Mauern, Türmen und Toren. Einst lebten hier 10 000 Menschen, heute sind es gerade mal 700. Zu ihnen gehört das Künstlerpaar Sylvie und Bernard van den Bossche, das im Atelier seines mittelalterlichen Hauses Le Porc Epic (Das Stachelschwein) Skulpturen, Gemälde und Schmuck verkauft und nebenbei Zimmer an Gäste vermietet.

Die beiden sitzen in der Sonne auf einer Mauer und beobachten den Strom der Touristen, der an ihrem Haus vorbeizieht. „Es ist ein bisschen wie auf den Champs-Élysées“, amüsiert sich Sylvie, „aber Burgund besuchen, ohne Vézelay gesehen zu haben - c'est impossible!“ - einfach undenkbar.

Das Städtchen darf sich „un des plus beaux villages de France“ nennen - eines der schönsten Dörfer Frankreichs. Umgeben von Feldern und Hügeln liegt es auf einem Bergrücken am Fuße des Morvan, Burgunds waldreichem Mittelgebirge. Über die steile, von Weinläden, Souvenirgeschäften und Restaurants gesäumte Rue St. Pierre schieben sich die Tagestouristen hinauf zur Place de la Basilique. Auf dem Hochplateau thront die über 900 Jahre alte Kirche Sainte Madeleine, ein Meisterwerk romanischer Baukunst.

Nur zehn Kilometer entfernt ist das Château de Bazoches. Das gegen Ende des 12. Jahrhunderts errichtete Schloss schmiegt sich an die Hänge des Morvan. Von einem seiner Seitenflügel hat man wie vor Hunderten von Jahren den unveränderten Blick auf Vézelay. Marschall Sébastien Le Prestre de Vauban, der Festungsbaumeister des Sonnenkönigs Ludwig XIV., erwarb das Château 1675.

Der jetzige Besitzers ist ein Nachkomme des Marschalls. 1997 machte er sein Schloss der Öffentlichkeit zugänglich. Manchmal lässt der ältere Herr persönlich die Besucher in sein Anwesen ein. Man schreitet über knarrende Parkettböden, durch prachtvoll möblierte Galerien und Säle. Ehrfürchtig bleibt man vor den Vitrinen mit Vaubans penibel gezeichneten Bauskizzen und den schweinsledernen Einbänden von 5000 alten Büchern stehen.

Gleich hinter dem Château beginnen die wilden Wälder des Morvan. Besonders malerisch rauscht das Wasser der Cure in der Nähe des Dorfes Pierre-Perthuis vorbei, wo zwei Brücken den Fluss überspannen. Hier windet sich ein Wanderpfad durchs Dickicht, der mit dem Symbol einer Muschel gekennzeichnet ist. Ein Stück an den Ufern der Cure entlang führt der französische Teil des legendären Jakobswegs, bevor er nach Süden in die Berge des Morvan abzweigt. Für die von Norden kommenden Pilger ist Vézelay ein wichtiges Etappenziel auf ihrer Wanderung nach Santiago de Compostela.

Service:

Die Anreise nach Vézelay ist mit dem Auto von Deutschland aus auf der A 5 über Karlsruhe und Freiburg möglich. Von dort geht es in Frankreich weiter auf der A36 über Mulhouse, Montbeliard und Besançon bis Beaune. Dann auf der A 6 (L'autoroute de soleil) in Richtung Auxerre/Paris, die Autobahn bei Avallon verlassen. Mit der Bahn geht es mit dem ICE beziehungsweise TGV von Frankfurt/Main nach Paris-Est, weiter von Paris-Bercy mit dem Regionalzug bis Auxerre, Umsteigen nach Avallon, die nächstgelegene Stadt mit einem Bahnhof. Vézelay selbst ist nicht mit dem Zug zu erreichen.

Weitere Informationen gibt es unter: Office de Tourisme de Vézelay, Rue Saint-Etienne F-89450 Vézelay, Telefon: 0033/386 33 23 69; Château de Bazoches F 8190 Bazoches du Morvan Telefon: 0033/386 22 10 22.

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