Sushi-Iglu statt Schafstall - Skiurlaub in Spanien

Sallent de Gállego (dpa/tmn) - Skier aus Eschenholz, Baskenmütze statt Helm: So fuhr man in den Pyrenäen Ski. Ein idyllisches Bergdorf gilt als Wiege des iberischen Skilaufs. Wenige Kilometer entfernt liegt heute die quirlige, moderne Skistation Formigal.

Die ganze Nacht hat es geschneit, aber der starke Wind hat einen Teil des Neuschnees einfach wieder weggeweht. Trotzdem wird Mariano Fanló Basail heute nach Formigal hochfahren und auf die Bretter steigen. „Von dem bisschen Wind lasse ich mich nicht abhalten, heutzutage gibt es doch moderne Ausrüstung“, sagt der 81-Jährige. Früher habe er noch mit Baskenmütze, Wollpullover und Gamaschen der Kälte trotzen müssen, erzählt er.

Viele Skigebiete rund um den Globus hat er in seinem langen Leben schon ausprobiert. Aber hier in seiner Heimat, dem Tena-Tal, gefällt es ihm am besten. Das Tal liegt in der spanischen Region Aragonien, die einst ein Königreich war. Don Mariano ist eine Legende in der Gegend. Sein Vater war der erste Spanier, der Skier besaß. Das war 1912. Die ungewöhnlichen Bretter bekam der damals 14-Jährige von einem Freund der Familie, einem Geologen aus dem südfranzösischen Pau. Er kam über die nahe gelegene Grenze in das kleine Bergdorf Sallent de Gállego, um die Gebirgsseen Aragoniens zu studieren und nebenbei Ski zu fahren.

„Damals lebten fast alle von der Schafzucht, keiner hatte je diese seltsamen Holzbretter gesehen“, erzählt Mariano. „Es war eine Sensation im Dorf, als mein Vater sie auf unseren verschneiten Wiesen ausprobierte.“ Lange dauerte es nicht, bis die ersten Bewohner die Skier für ihre Kinder nachbauten. Sie nahmen Eschenholz, der Dorfschmied brachte eine simple Bindung an, eine Halterung aus Drähten. „Wir mussten damals mit einem Stock lenken, Kurvenfahren war extrem kompliziert“, erinnert sich Mariano an seine ersten Versuche. Später wurde er Skilehrer und einer der erfolgreichsten Hoteliers in Sallent de Gállego. Marianos Bergdorf wurde zur Wiege des Skilaufs in den Pyrenäen. Viele berühmte spanische Skifahrer stammen von dort.

Sallent hat sich die Beschaulichkeit von einst bewahrt. Anders geht es auf der nur fünf Autominuten entfernten Skistation Formigal zu, wo schon morgens die Musik aus einer Après-Ski-Bar auf die Piste schallt. Zahlreiche Hotels wurden auf den einstigen Bergwiesen errichtet und brachten vielen der oft armen Bauern Geld ein. „Wir haben in den letzten Jahrzehnten eine unglaubliche Entwicklung hingelegt“, sagt Toño Gericó. Sein Großvater war der Dorfschmied, der einst die ersten spanischen Skier verdrahtete. Toño ist Direktor der Skistation, die Formigal mit 137 Pistenkilometern zum größten Skigebiet in Spanien macht.

Formigal bemüht sich um ein avantgardistisches Image und wartet mit allerlei Kuriositäten auf. Auf der Izas-Piste servieren Gastronomen in einem Iglu Sushi. Am anderen Ende des Skigebietes erhebt sich an der Rinconada-Abfahrt aus dem Schnee eine stilecht nachgebaute Jurte, in der Sekt ausgeschenkt wird. In zwei Indianerzelten, dem Poblado Indio, geht es mit Tapas immerhin noch etwas klassischer zu.

Vom Pistenstress erholen können sich erschöpfte Wintersportler abends im nahe gelegenen Thermalbad von Panticosa. Es ist eines der ältesten in Spanien. Seine sechs Quellen nutzten schon die alten Römer. Deshalb heißen sie auch Thermen des Tiberius. Wer Glück hat, kann vom Fitnessraum aus Hirsche und andere Wildtiere beobachten. Fast surrealistisch ist die Umgebung: ein verlassenes Grand Hotel neben einem pittoresken, eingefrorenen See - das wäre die perfekte Kulisse für eine Neuverfilmung von Doktor Schiwago.

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