Niederlande Texel — natürlich, rustikal und schick
Die Insel im Norden Hollands putzt sich heraus und bietet immer mehr für Touristen.
Texel. Der Wind pfeift so stark um die Ohren, dass außer dem Rauschen fast nichts zu hören ist. Bis auf die Wellen, die sich tosend am Strand brechen. Die Brandung übertönt alles. Die Flut kommt. Schaum spült getrieben von flach auslaufenden Wellen an den Sand, züngelt Richtung Dünen, als wollte sich das Meer Teile der Insel zurückholen. Das Wasser umspült die Füße, die in Gummistiefeln mit Lammfellsohlen stecken. Zum Glück ist diesmal kein Wasser hineingeschwappt.
Auf einem dunklen Holzpfahl sitzt eine Sturmmöwe. Unbeeindruckt vom Wind, der an ihren Federn zerrt, den Kopf samt großem, gelbem Schnabel erhoben, mit wachem Blick die Umgebung beobachtend. Sie schaut zu den Dünen aus feinstem, hellen Sand mit dunkelgrünem Gras, dessen Halme sich im Wind biegen. Dahinter liegt das Naturschutzgebiet, nur ein paar markierte Pfade für Wanderer führen hindurch — brütende Seevögel haben oberste Priorität auf Texel.
Oder besser gesagt, sie teilen sie sich mit den Schafen. Rund 14 000 Einwohner zählt die holländische Insel — und etwa doppelt so viele Schafe. Mutige springen in die Nordsee, die derzeit etwa elf Grad kalt ist. Kinder lassen Drachen steigen, große Hunde toben am breiten Strand hinter Stöckchen und Bällen her, Spaziergänger sind entweder dick in Mütze, Schal und Jacke eingemummelt oder laufen barfuß mit aufgekrempelter Hose und T-Shirt am Meer entlang. An Strandhäuschen sind Windfänge aufgestellt, dahinter liegen Menschen in Bikini und Badehose in der Sonne. Bilder, so typisch für Texel: Die einen frieren, die anderen haben Sommer. Egal zu welcher Jahreszeit.
Der breite Sandstrand ist der größte Besuchermagnet der Insel, vor allem wegen der gemütlichen Paal-Restaurants zwischen Den Hoorn und De Koog. Holzhütten, groß und auf Stelzen gebaut, trotzen mit Glasscheiben dem Sturm und bieten windgeschützte, sonnige Plätze.
Mit sandigen Schuhen und noch sandigeren Hunden betreten Gäste die rustikalen Restaurants, die vom Klassiker Pfannkuchen und Pommes spezial über Fisch bis hin zu Tapas und Salaten alles auf dem Tisch bringen. Vor allem Paal 15 und Paal 17 haben ausgebaut und renoviert. Aber auch am Paal 19 in De Koog sitzt es sich nun etwas schicker — passend zur Promenade, die parallel zum Strand oberhalb durch die Dünen führt.
Hotels und Restaurants im Touristenort De Koog wurden ebenfalls aufgepeppt. Das neue Design sieht hellere Farben fürs Interieur vor, dunkles Holz wurde weiß gestrichen, die alte Deko vielerorts gegen neue ausgetauscht. Texel wandelt sich. Der Tourismus steht im Mittelpunkt des Insel-Geschehens — zumindest während vieler Monate jedes Jahr. Im Winter dagegen ist es ruhig und verschlafen, nur wenige zieht es auf das Eiland, um vielleicht die ein oder andere Schneeflocke auf Wiesen und Schäfchen mit dicker Wolle fallen zu sehen.
Spätestens ab Ostern herrscht auf der etwa 24 Kilometer langen und rund zehn Kilometer breiten Insel Hochsaison. Halb Nordrhein-Westfalen rollt dann Richtung Fähre, um dort den Urlaub an der frischen Luft zu verbringen. Dabei steht das Radfahren im Mittelpunkt der Aktivitäten.
170 Kilometer gut ausgeschilderte Radwege gibt es, der Fremdenverkehrsverein VVV hat entsprechendes Karten- und Infomaterial. Darauf sind nicht nur alle Wege, sondern auch Ausflugsziele wie beispielsweise Bauernhöfe verzeichnet. Käserei, Brauerei, Strandgut-Museum, der Hafen in Oudeschild sowie der Verkauf von Schafswolle als Fell, Satteldecke oder Pantoffeln — alles lässt sich mit dem Fahrrad erkunden.
Auf der Ostseite liegt das Wattenmeer, auf seinen Deichen grasen Schafe, Naturfreunde können See- und Zugvögel beobachten. Auf einer Länge von 45 Kilometern hat der VVV eine Rundtour für (Hobby-)Ornithologen gekennzeichnet, die in der Hauptstadt Den Burg startet und zunächst an der Ostküste entlang bis nach Oost führt. Dann geht es wieder Richtung Inselmitte, vorbei an Naturschutzgebieten bis kurz vor die Westküste, nach De Slufter, den Teich Westerkolk über das Ecomare bis nach Dennenbos, einem Kiefernwald, der im 19. Jahrhundert angepflanzt wurde und heute ein Mischwald ist.
Die Geheimnisroute ist 34 Kilometer lang und gibt einen Einblick in die sagenumwobene Geschichte der Insel. Zum Beispiel in die der Sommeltjes: Der Legende nach waren die Sommeltjes kleine, geheimnisvolle Fabelwesen, die bei Vollmond auf einem Hügel tanzten. Nicht irgendeinem Hügel, sondern dem Sommeltjesberg — einem alten Grabhügel in der Nähe von De Waal. Sobald ein Sommeltje in die Sonne kommt, wird es zu Stein; wenn es dunkel wird, erwacht es jedoch wieder zum Leben. Für Familien mit Kindern gibt es im Wald am Pelikaanweg nahe De Koog einen Sommeltjespad, der etwa 1,5 Kilometer lang ist und kleine, bemalte Steinmännchen zeigt. Sie stehen auf Mooskissen unter Bäumen oder wohnen direkt in den Bäumen, was die aufgemalten Augen auf den Stämmen verraten. Kinder können selbst gefärbte Steine mitbringen und dorthin legen, kleine grüne Füßchen auf Holzpfählen markieren den Weg durch den Wald.