Gardening ist eine Kunst - Die Gärten im Südosten Englands
Cranbrook (dpa/tmn) - Die Fahrt durch die Grafschaft Kent im Südosten Englands führt auf schmalen Straßen durch Dörfer voller historischer Häuser, vorbei an mit Hecken umrahmten Feldern. Eine wohlhabende Gegend.
Das Klima ist mild, Pflanzen wachsen gut. Kent wird auch Garten von England genannt.
In der ländlichen Umgebung, die von Gemüseanbau und Viehwirtschaft geprägt ist, liegt Sissinghurst Castle. Der blütenreiche Garten des Landsitzes hebt sich deutlich von den kentischen Wäldern und Feldern ab. „Dieses Setting allein ist schon etwas Besonderes“, sagt der Chefgärtner Troy Scott-Smith. Es ist schwierig, sich dem Zauber dieses Gartens zu entziehen, 200 000 Besucher erliegen ihm jährlich. Sissinghurst zählt zu den berühmtesten Gärten Großbritanniens.
Der oft gerühmte Weiße Garten mit seinen ausschließlich weiß blühenden Blumen und grau- und silberfarbenen Blättern ist trotz der monochromen Farbwahl poetisch, theatralisch, emotional - diese Attribute fallen dem Betrachter ein. Die Schriftstellerin Vita Sackville-West und ihr Ehemann Sir Harold Nicolson kauften Sissinghurst Castle 1930. Der Garten wurde ihr Lebenswerk. Sissinghurst ist ein typischer Garten des 20. Jahrhunderts.
Den klassischen englischen Landschaftsgarten gibt es schon sehr viel länger. Der renommierte Landschaftsarchitekt Lancelot „Capability“ Brown begründete ihn im 18. Jahrhundert. Der Englische Garten wurde zur Mode in Europa und damit ein kultureller Exportschlager. Der „größte Gartenbaumeister Englands“ gestaltete über 170 Parks. Einige von Browns Anlagen bestehen noch heute und sind öffentlich zugänglich, wie der Sheffield Park Garden in East Sussex.
Der Landschaftspark hat vier Seen und begeistert durch seine Ufer. Büsche, Bäume und mehrere Meter hohe Rhododendren spiegeln sich im Wasser. Alles ist sorgfältig gestaltet und wirkt dennoch natürlich. Das war Browns Absicht: eine komponierte Landschaft - wie für die Augen eines Malers gemacht. Die Strenge der barocken Gärten findet man hier nicht, es geht um Natürlichkeit - das ist das Merkmal des Englischen Gartens.
Die Größe eines Gartens sagt in dieser Region oft nichts über seine Qualität oder Intensität aus. Der drei Hektar große Great Comp Garden wurde so geschickt um ein Herrenhaus aus dem 17. Jahrhundert angelegt, dass er größer wirkt. William Dyson, der Chef des Gartens, bezeichnet sich als Kurator, so als betreue er eine Ausstellung. Gardening, also das Gärtnern, gilt in England als Kunst.
Lässt man die hügelige Landschaft von Kent hinter sich und reist weiter südlich, erreicht man Brighton an der Küste. Das wohl berühmteste Seebad Englands hat sich in den vergangenen Jahren zur Partystadt entwickelt. Auch König Georg IV. genoss während seiner Regentschaft zu Beginn des 19. Jahrhunderts ausschweifende Vergnügungen in Brighton. Dafür ließ Georg den Royal Pavilion bauen, ein bizarres Gebäude - außen wie ein indischer Maharadscha-Palast und innen wie eine chinesische Märchenwelt gestaltet.
Der Garten um den Palast ist öffentlich zugänglich. „Wir haben den Royal Pavilion Garden restauriert und in seinen originalen Zustand von 1820 zurückverwandelt“, sagt der Gartenmanager Robert Hill-Snook. „Er ist der einzige noch erhaltene Garten aus der Regency-Zeit.“ Bäume und Büsche sind so gepflanzt, dass sie den Palast umrahmen. Touristen müssen also nicht lange nach Fotomotiven suchen.