Urlaub ohne Schniefnase: Hoteliers stellen sich auf Allergiker ein

Berlin (dpa/tmn) - Hausstaubmilben, Pollen, Nahrungsmittel oder Tierhaare: Ein Drittel aller Deutschen leidet an einer Allergie. Vom Verreisen will sich dadurch niemand abbringen lassen. Mehr Hoteliers und mittlerweile ganze Gemeinden machen spezielle Angebote.

Die Milch beim Frühstück, der Hund des Vormieters oder die Hausstaubmilben im Kopfkissen: Allergiker auf Reisen haben es oft schwer. Eine Erdnuss im Flieger oder eine Blumenwiese neben dem Hotelfenster - und die Erholung ist futsch. Doch viele Hoteliers achten mittlerweile auf solche Risiken. „Es gibt immer mehr Angebote für Allergiker“, sagt Torsten Schäfer vom Deutschen Reiseverband (DRV).

Die Hoteliers tun das nicht nur aus reiner Nächstenliebe. Ein Blick auf die Zahlen zeigt die Dimensionen: „Ein Drittel der Bevölkerung leidet unter Allergien“, erklärt Anja Bode von der Europäischen Stiftung für Allergieforschung Ecarf in Berlin. „25 Millionen Menschen bilden eine wichtige Verbrauchergruppe.“ Das größte Problem sei die Bagatellisierung der Erkrankung. „Auch viele Allergiker nehmen ihre Allergie nicht ernst - gerade im Urlaub“, sagt Bode.

Das liegt vielleicht aber auch daran, dass es lange Zeit kaum passende Angebote gab. Den Hoteliers ist jedoch kaum ein Vorwurf zu machen: Das Thema Allergie ist schwer zu fassen. „Jeder hat seine individuelle Allergie“, sagt Sonja Lämmel, Diplom-Oecotrophologin beim Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB). Deshalb seien auch die Anforderungen an das Klima und die Umgebung ganz unterschiedlich. „Es gibt kein generell günstiges Klima, in dem jeder Allergiker befreit aufatmen kann.“

Doch ein paar Dinge lassen sich verallgemeinern. So ist für Hausstaubmilbenallergiker zum Beispiel ein Urlaub im Hochgebirge ideal. Denn über 1500 Metern gibt es keine Milben mehr. Pollenallergikern garantiert die Nordsee bei Nordwestwind Beschwerdefreiheit, da die Pollen von der Küste weggeweht werden. Alternativ rät der DAAB, in Gebiete zu reisen, in denen die Pollen, auf die man allergisch ist, bereits nicht mehr fliegen oder gar nicht vorkommen. Bei Infektasthma oder chronischer Neurodermitis sei trockenes und mildes Schonklima perfekt. Das herrscht zum Beispiel auf den Kanaren oder den Balearen. Neurodermitiker sind an Nord- und Ostsee gut aufgehoben. Die salzhaltige Luft und der Sonnenschein tun der Haut gut.

Doch letztlich muss jeder Allergiker wohl für sich schauen, wo er ohne Beschwerden Urlaub machen kann. Orientierung soll ein Siegel bieten, das Ecarf an besonders allergikerfreundliche Gemeinden verleiht. Vor kurzem wurde Borkum zur ersten allergikerfreundlichen Insel Deutschlands ernannt, im Sommer werden fast alle Gemeinden im Hochschwarzwald zertifiziert, das Schmallenberger Sauerland ist dabei, die kleine Gemeinde Baabe auf Rügen ebenfalls.

Vorreiter war jedoch Bad Hindelang im Allgäu. Schon die geografische Lage prädestiniert den Ort. „Vier Ortsteile liegen auf 800 Meter Höhe, zwei sogar auf 1100 Meter“, erklärt die stellvertretende Kurdirektorin Susanne Rauschhuber. „Da sind von Haus aus kaum Hausstaubmilben und Pollen vorhanden.“ So hätten bereits früh einzelne Betriebe begonnen, spezielle Angebote für Allergiker zu machen - rund 80 beteiligen sich inzwischen.

Das beginnt beim Metzger, der gluten- und laktosefreie Produkte anbietet, geht über zwei Bäcker und einen Juwelier, der nickelfreien Schmuck im Sortiment hat, bis hin zum Supermarkt und zu den Beherbergungsbetrieben. Letztere haben zum Beispiel Zimmer, in denen Tiere verboten sind oder keine Pflanzen stehen. Beim Frühstück gibt es laktosefreie Milch oder nussfreies Müsli.

Der Erfolg des Ecarf-Zertifikats in Bad Hindelang lässt sich noch nicht in Zahlen fassen. „Die teilnehmenden Betriebe sprechen von verstärkten Anfragen von Allergikern“, sagt Rauschhuber. Doch an den Gästezahlen lasse sich das nicht eins zu eins ablesen, weil nicht bei jedem Gast gefragt werde, ob er speziell wegen des Zertifikats in die Gemeinde gekommen ist.

Klar ist auch: „Wir können natürlich keine Käseglocke über den Ort stülpen und eine komplett klinische Umgebung schaffen“, sagt Rauschhuber. „Wir wollen nur helfen, dass Allergiker einen schönen Urlaub verbringen können.“

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