Wie Südafrika der Hai-Gefahr Herr werden will

Kapstadt (dpa) - Dutzende Menschen werden jedes Jahr weltweit von Haien angegriffen. Obwohl die Attacken selten tödlich enden, lösen sie Ängste bei Badegästen aus und machen dem Tourismus zu schaffen.

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In Südafrika arbeiten Forscher an einem neuen Schutz.

Triefend nass steigt Nasief Jaffer aus den Wellen, das Surfbrett lässig unter dem Arm. Die schwarze Flagge mit dem weißen Umriss eines Hais ist nicht zu übersehen. Wird sie am Strand von Muizenberg gehisst, heißt das normalerweise „Vorsicht - die Beobachtungslage ist gerade schlecht“, Haie sind schwer zu entdecken. Doch der 24-Jährige lässt sich von der Warnung nicht beirren. Er wird wieder ins Wasser gehen. „Ich surfe mehrmals die Woche und traue den Hai-Beobachtern“, sagt er. Schließlich weht ja auch keine rote Flagge samt weißem Raubfisch; dann nämlich heißt es „Hai-Alarm“.

Die Shark Spotters, wie sie auf Englisch heißen, haben es sich zur Aufgabe gemacht, Schwimmer und Surfer vor möglichen Hai-Angriffen an einigen der beliebtesten Strände Kapstadts zu schützen. Hierzu nutzen sie unter anderem ein Warnsystem mit verschiedenfarbigen Flaggen, die sie je nach Lage hissen. Immerhin ist der Atlantische Ozean rund um Kapstadt Heimat der weltweit größten Population Weißer Haie. Die gefährlichste und aggressivste aller Hai-Arten kann mehr als sechs Meter lang werden und ein Gewicht von mehr als 2000 Kilo auf die Waage bringen.

Jeden Tag sind die Shark Spotters zehn Stunden im Einsatz. Von Hügeln aus überwachen sie neun beliebte Strände, indem sie das Meer nach den Raubfischen absuchen. Entdecken sie eines der Tiere, alarmieren sie einen Kollegen am Strand, der eine Sirene auslöst und eine weiße Flagge mit schwarzem Hai hisst. „Hai gesichtet“ heißt das für die Badegäste und Strandbesucher. Und auch wenn es viel Zuspruch für die Shark Spotters gibt, vor einem sind auch sie nicht gefeit, vor menschlichem Versagen.

„Es ist ein sehr verantwortungsvoller Job. Es ist ziemlich stressig, vor allem an Tagen mit schlechter Sicht“, sagt Beobachterin Liesel Lott, während sie die Wasseroberfläche mit einem Fernglas absucht. An einem Sommerwochenende können schon mal 500 Badegäste zugleich im Wasser sein - da ist es schwer, die Sicherheit aller zu gewährleisten.

Hinzu kommt, wenn wie derzeit gerade auf der Südhalbkugel Sommer ist, dass die Haie dann gerne in Küstengewässern jagen. „Zu dieser Jahreszeit rechnen wir jeden Tag damit, Haie zu sichten“, sagt Monwabisi Sikweyiya von den Shark Spotters. In den vergangenen zehn Jahren - so lange gibt es die Organisation schon - wurden mehr als 1700 Haie nahe den Stränden Kapstadts entdeckt. Die meisten waren Weiße Haie, von denen einige bis zu 50 Meter an den Strand heranschwimmen.

„Davon wusste ich nichts“, sagt Glenda Gordon, Touristin aus London und gerade unterwegs am Strand von Muizenberg. In ihrem Reiseführer stehe nur etwas über Wale. „Ich werde jetzt ganz sicher nicht ins Wasser gehen“, sagt sie. Jedes Jahr gibt es in Südafrika durchschnittlich sechs Hai-Angriffe auf Menschen, berichtet die Naturschutz- und Forschungsorganisation Sharks Board. Das klingt zwar nicht viel, doch jeder Zwischenfall sorgt für Aufsehen und löst Ängste aus.

„Hai-Angriffe haben einen großen Einfluss auf den Tourismus“, sagt der Forschungsleiter von Sharks Board, Geremy Cliff. „Jeder Zwischenfall sorgt für schlechte Schlagzeilen und hat wirtschaftliche Folgen.“ An der südafrikanischen Ostküste behilft man sich deshalb mit Netzen, die verhindern sollen, dass die Raubfische zu dicht ans Ufer gelangen. Allerdings verheddern sich nicht nur Haie in den Maschen, wo sie bewegungsunfähig ertrinken, auch zahlreiche andere Meeresbewohner kommen in den Netzen zu Tode, darunter Delfine, Schildkröten und Rochen.

Vor drei Jahren haben die Wissenschaftler vom Sharks Board mit der Entwicklung eines besseren Schutzes vor Haien begonnen. Entwickelt haben sie eine Art elektrischen Unterwasserzaun, der weder Menschen, noch Haien und anderen Meerestieren Schaden zufügt. Der Zaun besteht aus einem am Meeresboden befestigten Kabel, von dem vertikale Kabel bis zur Wasseroberfläche führen. Die Kabel geben niederfrequente Signale ab, die eine Art elektrischen Zaun entstehen lassen, vor dem Haie zurückschrecken. Schließlich reagiert deren Nase äußerst sensibel auf Elektrizität. Berührt ein Mensch versehentlich den Zaun, spürt er nur ein Kribbeln.

Derzeit testen die Forscher zwei jeweils 100 Meter lange Prototypen des elektrischen Unterwasserzaunes am Strand von Glencairn, etwa zwölf Kilometer von Muizenberg entfernt. Eine hochauflösende Kamera filmt die Bucht, damit die Wissenschaftler sehen können, ob der Zaun die Haie erfolgreich verscheucht. Bis Ende März hoffen die Forscher genügend Daten gesammelt zu haben, um die Zuverlässigkeit des neuen Schutzes belegen zu können. „Wenn wir erfolgreich sind, kann er weltweit installiert werden“, sagt Paul Von Blerk, Projektmanager bei Sharks Board. Die ersten Ergebnisse seien jedenfalls vielversprechend.

Und selbst ein unerschrockener Surfer wie Nasief Jaffer würde sich über einen elektrischen Zaun freuen: „Ich würde mich deutlich sicherer fühlen.“