Bundestagskandidaten: Politrunde genügt sich selbst
Schwerfälliges Gespräch der Kandidaten.
Burscheid. Als sich am Sonntag Angela Merkel und Peer Steinbrück im TV-Duell messen, dürfen beide am Schluss der Sendung ihre Botschaft noch mal in 1:30 Minute packen. Als am Mittwochabend sechs der Bundestagskandidaten aus dem Kreis auf dem Podium des Megaphons sitzen und sich vorstellen, haben sie mehr Zeit, obwohl sie bundespolitisch nicht mehr zu sagen haben. Dem Abend tut das nicht gut.
Eine Dreiviertelstunde fürs Podium, eine Dreiviertelstunde für Publikumsfragen, so war der angesichts der Kandidatenvielzahl schon verwegene Plan. Als das „Gespräch vor Mitternacht“ nach gut zwei Stunden endet, ist das Publikum aber nicht ein einziges Mal zu Wort gekommen.
Stattdessen hatte sich die Diskussion an angeblich im Vorfeld von Jugendlichen geäußerten Fragen entlanggehangelt — angesichts des überwiegend älteren Publikums ohnehin eine unglückliche Konstruktion.
Ohne thematische Beschränkung mäandert das Gespräch so schwerfällig durch die Fülle bundespolitischer Themen und macht sogar vor der verkürzten Schulzeit bis zum Abitur nicht halt, über die nun wirklich nicht in Berlin entschieden wurde. Grischa Bischoff (Linke) darf dann auch gleich mehr Geld für die Kommunen zur Beschäftigung weiterer Lehrer fordern, obwohl nicht ein Einziger sein Geld von einer Kommune erhält.
Nur ein besonders eklatantes Beispiel für das notgedrungene Gefälle der Runde: Denn da sitzen sich nicht sechs Berufspolitiker gegenüber, sondern nur ein (noch dazu medial und durch zahlreiche Diskussionsteilnahmen geschulter) Wolfgang Bosbach (CDU) und fünf ehrenamtliche Kommunalheroen, die sich allesamt zum ersten Mal auf dem bundespolitischen Parkett tummeln.
Einzelbewerber Karl Ulrich Voss rutscht gleich bei der Burscheider Industriegeschichte aus, als er Goetze einen Bankrott andichtet und dann Federal-Mogul und Johnson Controls durcheinander schmeißt. Peter Ludemann erntet den Hohn des Auditoriums, als er Altersarmut „wenig verbreitet“ sieht, und bedarf danach der rhetorischen Unterstützung Bosbachs. Am wackersten halten sich noch Michael Zalfen (SPD) und der ruhig und gut vorbereitet auftretende Maik Außendorf (Grüne).
Man muss schon viel Geduld mitbringen, ehe die Diskussion doch noch interessante Facetten erhält. Bei der Frage von Krieg und Frieden in Afghanistan und Syrien werden differenzierte und persönliche Standpunkte jenseits der Politformeln erkennbar. Viel zu selten an diesem Abend. Doch wieder Schnitt, das nächste Thema: die Legalisierung von Cannabis. Schlimmer geht’s nimmer. er