„So normal“ Ein schwules Prinzenpaar im Karneval?

Mönchengladbach · Als Axel I. und sein Thorsten sich zu diesem Schritt entscheiden, ist die Neugier groß - und auch die Verwunderung. Inzwischen haben die beiden das Narrenvolk erobert - weit über Mönchengladbach hinaus.

 Das Prinzenpaar Thorsten Neumann (l) und Axel Ladleif steht in Mönchengladbach zusammen.

Das Prinzenpaar Thorsten Neumann (l) und Axel Ladleif steht in Mönchengladbach zusammen.

Foto: dpa/Fabian Strauch

Seit vielen Jahren sind Axel und Thorsten zusammen, Hochzeit war im letzten Herbst, sie sind Geschäftspartner im Familienunternehmen - und eine wichtige Entscheidung haben sie zu Hause auf dem Sofa getroffen: Karnevals-Prinzenpaar in Mönchengladbach zu werden. Dass ihr Narrenvolk eine besondere Erwartungshaltung hatte, ist ihnen schnell klar geworden. Wie oft haben sie nach Auftritten und bei Begegnungen diesen Kommentar gehört: „Ihr seid ja so normal“, erzählen sie.

Wie sollte man denn bitte sein, als schwules Prinzenpaar? „Als würden wir im rosa Tutu auflaufen“, kann sich Axel Ladleif (47) die bissige Bemerkung nicht verkneifen. Mit seinem Mann Thorsten Neumann (45) gehört er trotzdem wohl zu den außergewöhnlichsten Prinzenpaaren in diesen tollen Tagen. Und auch wieder nicht.

Zum Gespräch im familieneigenen Restaurant erscheint das Paar im maßgeschneiderten traditionellen Prinzenornat. Es gibt Kaffee. Es wird gefrotzelt, wie das bei Ehepaaren so ist. Thorsten hat im Karnevals-Marathon ein paar Kilo verloren und Axel zupft an dessen Hemd und meint sinngemäß: Das wird schon wieder, futtert er sich wieder an.

Schwule Paare dürfen heiraten, Kinder adoptieren. Aber wenn sie ein gleichgeschlechtliches Prinzenpaar im Karneval werden, schlägt die Nachricht eine Welle bis ins nicht-närrische Norddeutschland. Dass Prinz Axel I. keine liebreizende Prinzessin an seiner Seite hat, sondern seinen Thorsten, schert aber selbst den Bund Deutscher Karneval nicht.

Auch Traditionen müssten sich den gesellschaftlichen Entwicklungen, Auffassungen und ethischen wie ästhetischen Normen anpassen, wenn sie nicht völlig als längst überlebte Rituale untergehen sollen, stellt der Bund Deutscher Karneval fest. Der Geschäftsführer des Karnevalsverbands Mönchengladbach, Horst Beines, bringt es so auf den Punkt: „Die Gesellschaft hat sich verändert, auch der Karnevalsverband muss sich anpassen und sich verändern.“ Und so kommt es, dass die Mönchengladbacher Karnevalisten nach eigenen Angaben das erste schwule Prinzenpaar im Rheinland haben.

Der Mönchengladbacher Karneval mit seinem großen Veilchendienstagszug ist in NRW schon eine Nummer. Da kann man nicht einfach mal den Karneval neu erfinden und aus der Prinzessin Niersia einen Prinz Niersius machen. Mal eben nicht, aber mit diplomatischer Vorsicht, wie Beines sagt.

Anfangs, als das Männer-Prinzenpaar bei Sitzungen auf die Bühne trat, verstummte das Gemurmel. Zur Proklamation kamen doppelt so viele Zuschauer wie sonst. Die Neugier hat sich gelegt. Das Narrenvolk haben die beiden mittlerweile erobert, „auch wenn es sicher auch einige gibt, die mit ihrer Toleranz auf die Probe gestellt wurden“, sagt Axel.

Für den Schwulen- und Lesbenverband ist das Prinzenpaar ein gutes Signal. „Für uns ist es ein Zeichen der Liberalisierung und der zunehmenden Akzeptanz“, sagt der Sprecher im gar nicht karnevals-affinen Berlin, Markus Ulrich. Auch wenn er grundsätzlich eine Polarisierung zwischen unverkrampftem Umgang und ausgereizter Toleranz wahrnimmt im Umgang mit gleichgeschlechtlichen Paaren.

Axel Ladleif kann mit dieser „gesellschaftspolitischen Überbetonung“ wenig anfangen. Für ihn und seinen Partner ist der Prinzen-Status kein politisches Bekenntnis: „Der Spaß steht bei uns im Vordergrund“. Die beiden sind dem Karneval längst erlegen und können wohl nicht genug davon bekommen - sie sind Mitglied in sieben Karnevalsvereinen.

(dpa)