Alt OB Willi Wahl: Er blickt heute noch durch
Besuch: Alt-OB Willi Wahl wird 80 Jahre alt und will am Geburtstag nicht die Hauptperson sein.
Krefeld. Eine Hoppla-hier-komm-ich-Mentalität, nein - das ist eines Willi Wahls Sache nicht. Hier öffnet Ehefrau Hilde der Besucherin die Tür, empfängt diese freundlich in der großzügigen, Wohnung im Fischelner Süden. Fast beiläufig erst kommt auch er hinzu, als sei er gar nicht die Hauptperson des Treffens. 80 Jahre wird der ehemalige Oberbürgermeister Krefelds am 23. Oktober. Einen Großteil seines Lebens - "48 Jahre", wie er stolz bemerkt und zum Beweis seinen Parteiausweis zückt - hat er den Sozialdemokraten gewidmet.
Es ist geradezu eine SPD-Bilderbuchkarriere, auf die der gebürtige Duisburger da zurückblicken kann. Dabei kam er aus einem eher unpolitischen Elternhaus. Erst die Familie seiner Frau Hilde brachte ihn in die politische Spur. Nachdem er gut zehn Jahre als Ofenmaurer für die Edelstahlwerke geackert hatte, sollte Wahl für den Betriebsrat kandidieren. "Da mutmaßten die Schwarzen: ,Das ist ein Roter’ und die Roten: ,Das ist ein Schwarzer'", blickt Wahl zurück. Zeit also, Nägel mit Köpfen zu machen. "Gewählt worden bin ich dennoch nicht", wirft er schmunzelnd ein.
Ein anderer Posten war trotzdem schnell gefunden: "Die IG Metall wollte mich als Geschäftsführer, und das bin ich auch bis Q88 geblieben." Zu dieser Zeit schließlich stand die Oberbürgermeisterwahl an. "Das wollte ich dem Geschäftsführer-Büro nicht zumuten."
Soviel Rücksicht hat Wahl auf seinen eigenen Terminkalender nicht genommen. Schon als Ofenmaurer bei Thyssen wurde er oft des nachts geholt, um die Anlagen wieder in Schuss zu bringen. Weihnachts- und Ostertage waren ohnehin Reparaturtage. "Nein, das war absolut nicht familienfreundlich", lacht seine Frau, die immerhin letztlich fünf Kinder, ein großes Haus an der Vulkanstraße und einen riesigen Garten zu umsorgen hatte.
Aber es wird klar: Die beiden haben sich als Team verstanden. "Sonst hätte ich das gar nicht geschafft", gibt Wahl zu. Denn mit IG-Metall- und späterem OB-Amt wurde der Terminkalender keineswegs kleiner. Das Ehepaar, das erst kürzlich seine diamantene Hochzeit feiern konnte, nimmt's mit Humor. "Da bin ich gefragt worden, wie habt ihr es 60 Jahre miteinander ausgehalten? Ich habe geantwortet, er war ja nie zu Hause", erzählt sie, und er zeigt sein spitzbübisches Lächeln dazu. Rats- und Aufsichtsratssitzungen, gesellschaftliche Ereignisse, Versammlungen, Reisen - immer in Aktion zu sein, "das braucht er auch", sagt seine Frau.
Umso schwerer fiel es dem damals 66-Jährigen, als 1994 seine Oberbürgermeisterzeit zu Ende ging. "Da kam das berühmte tiefe Loch", gibt Wahl offen zu. Ein Pfarrer habe ihn da raus geholt mit dem Gedanken, einen Hospizverein zu gründen. Der Ex-OB war begeistert von der Idee und übernahm den Vorsitz.
Heute, mit seinen, ja, fast 80 Jahren, ist der Rastlose immer noch unterwegs, gerade noch für den Seniorenbeirat, manches Mal für die so genannten "Männergespräche", wenn er Schülern Rede und Antwort steht, und gerne auch für die krieewelsche Brauchtumspflege. Fühlt sich der geborene Duisburger denn heute als krieewelsche Jung? Ein eindeutiges "Ja", ist die Antwort. Oder? Na, ja, eigentlich eben doch Fischelner, denn hierher kam er schon als elfjähriger Bub.
Die große weite Welt hat ihn ebenso gelockt, wie der Blick auf seinen Arbeitsplatz beweist. Viele bunte Nadeln auf einer Weltkarte kennzeichnen, wo es ihn überall hingetrieben hat: Hongkong, Tokio, San Francisco, Charlotte (USA) und Beeskow.
Herkunft Am 23. Oktober wird Willi Wahl 80 Jahre. Geboren wurde er 1927 in Duisburg. 1939 zog die Familie nach Fischeln.
Ausbildung Gärtnerlehre, später Umschulung zum Maurer, ab 1950 bei den Deutschen Edelstahlwerken (heute Thyssen) als Ofenmaurer.
Karriere Zunächst Vertrauensmann, dann Leiter des gewerkschaftlichen Vertrauenskörpers, von 1959 bis 1988 Geschäftsführer und erster Bevollmächtigter der IG Metall Krefeld. Seit 1959 Mitglied, stellvertretender Vorsitz im Ortsverein Süd-Stahldorf, später Fischeln, im Stadtrat von 1970 bis 1975, 1979 bis 1994, Bezirksvorsteher in Fischeln von 1979 bis 1989. 1. Bürgermeister war Wahl von 1984 bis 1989, Oberbürgermeister von 1989 bis 1994.
Ehrung Am 23. Oktober gibt die Stadt Krefeld um 15 Uhr im Rathaus am Von-der-Leyen-Platz einen Empfang zu Wahls Geburtstag.