Die Zeiten von „Herrn Nicole Schnaß“ sind vorbei

Die Krefelderin hieß Elmar, dann ließ sie sich operieren. Heute startet die Triathletin bei den Frauen.

Krefeld. Elmar fühlt sich nicht wohl in seiner Haut. Er ist klein, fast schmächtig. Er rennt lieber weg, als mit Jungs zu raufen, wird gehänselt. Mit Mädchen versteht er sich besser. Sein Verhalten fällt zwar auf, doch es denkt sich keiner etwas dabei.

Einen ersten konkreten Hinweis darauf, dass mit ihm "etwas nicht stimmt", gibt der ausbleibende Stimmbruch. "21 Jahre wusste ich zwar, dass in mir etwas Anderes tickt, hatte aber keine Ahnung, wo das Problem liegt", sagt Elmar.

Er heißt heute Nicole. Die 38-Jährige fühlt sich jetzt, nach ihrer geschlechtsangleichenden Operation, richtig gut. Sie ist sehr glücklich, eine erfolgreiche Triathletin und endlich bei sich angekommen.

"Es war eine lange Findungszeit", sagt sie. "Früher lief alles verkehrt, ich fühlte mich unwohl, weil ich mich mehr für Frauen, Kleider und Kosmetik interessierte. Als ich zu Hause in Hüls ausgezogen bin, habe ich mir eine weibliche Ausstattung angeschafft, sie im Kleiderschrank verborgen und nur außerhalb der Stadt getragen."

Im Internet entdeckt die junge Frau dann eine Selbsthilfegruppe in Köln für Personen, die denken, dass sie im falschen Geschlecht aufgewachsen sind."

Sie fährt in Frauenkleidung hin, ist aber von der "Lack und Leder"-Atmosphäre nicht begeistert. Dennoch ist dieser Besuch ihr Glück. Dort trifft sie Marla, eine Visagistin, die eine geschlechtsangleichende OP vom Mann zur Frau bereits hinter sich hat.

Und: Sie schneidet sich an diesem Abend mit der Hand an einem Glas. "Es blutete sehr stark und ich fuhr ins Krankenhaus. Dort fragte mich die Schwester, ob ich vielleicht schwanger sei und gab mir vor dem Röntgen eine Schürze, um die Gebärmutter zu schützen." Keine Frage: "Ich habe trotz der Verletzung viel Spaß gehabt."

Viel weniger belustigend ist die Reaktion der Umwelt. Es schlägt ihr auch Hass entgegen. "Ich arbeitete damals in der Qualitätskontrolle eines Produktionsbetriebes, als einmal ein kleiner Wimperntusche-Rest sichtbar an meinen Wimpern haftete." Die Reaktion des Vorgesetzten schmerzt noch heute. "Als meine Mutter den Inhalt meines Kleiderschrankes entdeckte, war sie entsetzt."

Es folgt ein langer Weg. Mehrere psychologische Gutachten und Gespräche werden durchgeführt, denn nach der OP führt kein Weg zurück. Anträge bei der Krankenkasse, die Vornamensänderung beim Amtsgericht und Standesamt folgten. "Es war witzig, als der Standesbeamte fragte, ob ich mich wirklich in einen Mann verwandeln wollte..."

"Als die Krankenkasse immer weitere Gutachten einforderte, hat der operierende Arzt im Krankenhaus Maria Hilf Druck gemacht." Noch am gleichen Tag, im Januar 2007, findet in einer viereinhalb Stunden dauernden Operation die Geschlechtsangleichung statt. "Danach konnte ich die Geburtsurkunde ändern lassen. Die Zeiten von ,Herr Nicole Schnaß’ waren endgültig vorbei."