Geschichte: Die alte Kunst des Vermessens
Mit einer simplen Knotenschnur haben die Menschen früher Grundrisse von Gebäuden angefertigt. Georg Opdenberg kennt sich aus mit der Technik und baut historische Instrumente nach.
Krefeld. Die Hülserin Doris Fischer arbeitet zur Zeit an einem Buch über mittelalterliche Gegenstände und Verfahren. Im Internet stieß sie auf den Namen des nur wenige Kilometer entfernt wohnenden städtischen Vermessers Georg Opdenberg, der beruflich mit Laser, feiner Optik und Computern umgeht, sich aber mit antiken Geometer-Praktiken bestens auskennt. Jetzt trafen sich die beiden auf der Wiese an der Burg Linn.
Opdenberg war bewaffnet mit mehreren Zwölf-Knoten-Schnüren, kurzen und langen Pflöcken und Eisenheringen sowie alten Messwerkzeugen wie Feldzirkeln und Dreiecken. Ein Winkelmaß nach dem Vorbild von Levi Ben Gerson, der im 14. Jahrhundert im damals arabischen Cordoba arbeitete, hat sich Opdenberg gerade gebastelt.
Mit der simplen Knotenschnur, die in Wirklichkeit 13 Knoten aufweist, lassen sich komplizierte geometrische Figuren bilden, vor allem der rechte Winkel oder ein Sechseck, wie es die Burg Linn zum Grundriss hat.
Auch die vielgenutzte Quadratwurzel aus Zwei lässt sich mit der Schnur als der Diagonalen im Nu ermitteln, damit auch der "Goldene Schnitt".
Wenn schon historisch, dann ohne den Meter: Opdenbergs Schnur hat zwischen den Knoten den Abstand eines Viertels der 1864 abgeschafften preußischen Rute, was drei Fuß oder einem Schritt oder 94 Zentimetern gleichkommt. Nach dem Vorbild von Festungsdarstellungen in einem Buch von Mellet aus dem Jahr 1696 bildete Opdenberg mit seinen Instrumenten den maßstabsgerechten Grundriss der Burg Linn im Gras nach.
Das Bild davon soll nun in Doris Fischers Buch von der alten Kunst der Vermesser zeugen. Die gelernte Grabungstechnikerin, die schon bei verschiedenen archäologischen Explorationen im einst römischen Wiesbaden und auch bei Relikten in Niedersachsen dabei war, will in Kürze in der Hülser Schule an der Burg einen Römertag gestalten.