Karnevalswagen: Der Herr der Narrenschiffe
Der Bildhauer Florian Noever liegt gut im Rennen. Die neun Gefährte für den Zug sind fast fertig. Die WZ blickt ihm über die Schulter.
Krefeld. Die Prachtstücke des Karnevals, die Wagen für den Rosenmontagszug, lagern in einer Halle an der Vennikelstraße. Es ist kalt hier drin und ziemlich feucht. Überall stehen offene Farbeimer, Pinsel liegen herum. Und die Relikte vergangener Züge lehnen an den Wänden und warten auf eine mögliche Wiederverwendung: ob der schiefe Turm von Pisa, ein überdimensionales weißes Pferd oder die Dio-Spitze.
Der Herr über die Wagen in Krefeld heißt Florian Noever. Der freischaffende Bildhauer macht diesen Job seit 1980 und hat ihn quasi geerbt. "Mein Vater hat mit dem Wagenbau angefangen, als der erste Karneval nach dem Krieg in Krefeld stattfand", sagt er. Bereits als kleiner Junge werkelte er schon tatkräftig mit und hat sein Handwerk quasi von der Pieke auf gelernt.
Als helfende Hand steht ihm sein Schwager Alfredo Castelos zur Seite, den er extra zwei Monate während der Narrenzeit aus Spanien einfliegt. Die neun Wagen des Festkomitees Krefelder Karneval für die diesjährige Session sind fast alle fertig. Vier wurden komplett neu gebaut, die anderen restauriert oder umgestaltet. Das Motto des Zuges, "Fantsie op Kriee-welsch", lässt viel Interpretationsspielraum.
Die Themen des Festkomitees sind jedoch von aktueller, lokalpolitischer Bedeutung: Auf einem Wagen zieht ein Mann am Rüssel eines Elefanten. Dieser wehrt sich vehement. Die Aufschrift: "Wir bleiben doch!" Klar, dass dies das Resümee der Debatte um die drei Dickhäuter-Damen im Zoo ist. Auf einem anderen Wagen sitzt ein riesiger Kaiser Wilhelm und umklammert ein Gemälde. Vor ihm stehen Umzugskartons. Jedem Krefelder wird klar, dass es hier um den Abzug der Lauffs-Sammlung aus dem Kaiser-Wilhelm-Museum geht.
Rolf Kox, Zugleiter des Festkomitees Krefelder Karneval, sagt: "Diese Themen bieten sich einfach an. Andere, wie zum Beispiel die Migranten-Debatte, haben nichts im Karneval verloren." Von der Idee bis zum fertigen Produkt ist es ein langer Weg. Kox: "Im August beginnen die Überlegungen, bis Mitte September legt uns Florian Noever die Entwürfe vor. Sobald wir grünes Licht geben, beginnt der Bau."
Und der kann durchaus mit Widrigkeiten verbunden sein. Noever berichtet: "Manchmal ist es hier so kalt drin, dass die Pinsel beim Anmalen festfrieren." Da Not bekanntlich erfinderisch macht, greifen die fleißigen Bastler schon mal zur Schnapsflasche. Nicht, um sich warm zu trinken, sondern um die Farbe zu verdünnen. So sinkt der Gefrierpunkt.
Wer schon mal mit Pappmasché einen Luftballon beklebt hat, um daraus beispielsweise eine Laterne zu basteln, kann sich auch die Arbeit von Noever vorstellen. Der Unterschied: Statt Zeitungs nimmt er Natronpapier. Knochenleim ersetzt den Tapeten-kleister. Und natürlich verwendet er keine Luftballons, um die Figuren zu gestalten, sondern konstruiert die Formen aus Maschendrahtzaun. "Die Wagen müssen Wind und Wetter überstehen."