Künstler mit Hang zur Henne
Die Hühner von Roland Kratzer versorgen ihn und seine Nachbarschaft mit frischen Eiern.
Krefeld. Stolz schlendert Roland Kratzer über sein 1000 Quadratmeter großes Anwesen in Oppum, vorbei am Gemüsebeet bis zum Hühnerstall. Darin hält der 62-Jährige das Geflügel bereits seit 20 Jahren. Zu Beginn lebten in Kratzers Garten nur drei Hühner, mittlerweile sind es — je nach Jahreszeit — sechs bis zehn. „Es gibt kein besseres Ei als das der eigenen Hühner“, sagt Kratzer. Wer glaubt, der Hühner-Flüsterer lebe und arbeite auf einem Bauernhof, der irrt gewaltig.
Kratzer ist freischaffender Künstler, der mit seiner Frau in einem idyllischen Haus lebt und sich irgendwann dazu entschlossen hat, eigene Hühner zu halten. „Das bietet sich bei der Größe unseres Grundstücks einfach an“, sagt er. Zum Kuscheln oder Liebhaben sind die Zweibeiner allerdings nicht gedacht.
Für Kratzer sind es reine Nutztiere, die erst das leckere Frühstücksei fürs Wochenende legen und nach ein paar Jahren tiefgekühlt im Eisfach liegen. Dabei lässt es sich der 62-Jährige auch nicht nehmen, die Tiere im eigenen Garten selbst zu schlachten. Anfangs war das auch für den sonst so schmerzfreien Künstler eine Überwindung. „Zugegeben, die erste Gans und ich haben sehr gelitten.“ Mittlerweile hat sich zumindest Roland Kratzer an das Köpfen gewöhnt. „Ich bin da abgehärtet, ich schlachte die Tiere ja auch erst, wenn sie kurz vor dem natürlichen Tod stehen. Bei mir müssen sie nicht lange leiden.“
Man könnte es als eine Art Zweckgemeinschaft bezeichnen, die zwischen dem Hühnerhalter und seinem Geflügel besteht. Auch Freunde und Nachbarn profitieren von dem Mini-Betrieb. „Die Hühner kriegen ausgesuchtes Futter und Reste unserer Mahlzeiten. Gestern gab es Knödel.“ Dankbar machen sich die Vielfresser auch über ihre eigenen Kumpaninnen her, bleiben zum Beispiel Reste von der Hühnersuppe übrig. Kratzer verkauft die Eier an Freunde und Verwandte für je 30 Cent.
Gut haben es die Zweibeiner im Garten der Kratzers zweifelsfrei. Wenn es im sechs Quadratmeter großen Hühnerstall dank der Rotlichtlampe zu warm wird, können sich die Kleinen auf einer 30 Quadratmeter großen Auslauffläche im Freien abkühlen.
Lediglich männlicher Besuch wird den Hühnern vorenthalten. Aber dafür gibt es auch ein schlagfertiges Argument. „Morgens um halb fünf von einem Hahn geweckt zu werden, ist grausam“, sagt Kratzer.
Während die Hühner in den Frühjahrsmonaten jeden Tag ein Ei legen, kommt im Dezember nur ein Ei auf zehn Hühner. Einmal im Jahr wird die Frauentruppe im Stall mit neuem Federvieh aufgestockt. Ein Ende der nützlichen Hühnerfarm ist noch lange nicht in Sicht, sagt Kratzer. „Ich bin mir sicher, dass die Hühner und ich hier für immer bleiben werden.“