Mit Zwölf schon in der Bütt

Von einer Reise ins Universum bis zur Kreuzfahrt: In Fischeln, Hüls, am Inrath und in Bockum wurde jeck gefeiert.

Krefeld. Der Saal des Heinrichstifts in Hüls ist am Freitagabend ein einziger Sternenhimmel. Funkelnd überspannt er die komplett gefüllten Tischreihen mit Marsmännchen, Engeln, Astronauten, Sternenwesen und anderen Außerirdischen. Nach der Tagesschau-Melodie und dem Gong trägt Präsident David Drink vom Sechserrat der katholischen Jugend die Nachrichten aus Hüls vor und gleich gibt es eine Live-Schalte zur Raumstation. Zwei Leinwände im Saal bringen das spannende wie lustige Geschehen unters närrische Volk.

Foto: abi

Die beiden Hülser Astronauten Stefan Erlenwein und Stefan Schleupen machen sich in ihrer Kapsel auf die Reise ins Weltall. Live ist das Publikum bei allen Aktionen um die abenteuerliche Reise dabei. Der Auftrag des Sechserrats an die beiden lautet: Ein neues Sternbild, den Peias, im All zu platzieren.

Galaktisch und fidel: Jeck in allen Sälen
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Galaktisch und fidel: Jeck in allen Sälen

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Neben den Hürden, die eine solche Mission mit sich bringt, gab’s auch Heiteres mit irdischeren Problemen von Vereinsmitgliedern auf der Bühne zu erleben.

Foto: Dirk Jochmann

Am Inrath ist alles anders! Im Raphaelsheim trifft sich am Samstagabend an der Hülser Straße ein junges Publikum, um mit der Karnevalsgesellschaft Fidele Jröine Jonges zu feiern. Präsident Martin Schlippes begrüßte auch Vertreter der Klosterbrüder und der Inrather Schützen. Der älteste Inrather Karnevalsverein, gegründet 1925, ist bekannt dafür, dass er sein Programm mit eigenen Kräften gestaltet. Bei den Gästen kommt es an, wie beispielsweise der „Dressur-Reiter“. Stefan Koenen hatte sich ein prächtiges Pferd vorgebunden und trabte und galoppierte munter über die Bühne.

Sieben Aktive brachten dann eine Schau der „Augsburger Puppenkiste“. Das rasante Spiel riss die Besucher von den Stühlen und brachte den Akteuren viel Beifall. Am Schluss stand Steffi Groß als „Bruchkönigin“ fest. Eine besondere Ehrung erfuhr der „Dekorateur“ des Saals, Willi Musow. Der Maler und Zeichner ist seit 66 Jahren Mitglied der Karnevalsgesellschaft.

Die Oraniendorfer und die Uzvögel haben schon zum zweiten Mal eine Sitzung gemeinsam veranstaltet. Motto des diesjährigen Abends im Saal Gietz in Fischeln: „226 Jahre Freud tusame“. Die Uzvögel von 1900 sind die ältere Gesellschaft, im Jahr 1904 fanden sich die Oraniendorfer zusammen. Beide gaben in diesem Jahr eine eigene Festschrift heraus.

Weil der Uzvogel Manfred Albers durchs Programm führt, hält sein Schulkamerad Michael Wimmers von den Oraniendorfern die erste Büttenrede. Wimmers, seit mehr als 40 Jahren als „Der schöne Mischa“ auf den Bühnen in und rund um Krefeld zu Hause, bietet einen Streifzug durch das Eheleben, der die Zuschauer begeistert.

Dann geht es Schlag auf Schlag: Stratumer Funken, Parodien, Gardetanz der mit den Uzvögeln verbundenen Tanzgarde aus Stratum, Gäste aus Eschweiler. Ein paar Besucher stehen schon früh auf den Stühlen, so auch beim Empfang des Krefelder Prinzenpaares: Heribert II. und seine Prinzessin Christina I. freuen sich über die herzliche Begrüßung.

Jürgen Fischer und Uwe Arndt moderierten die Sitzung der Gesellschaft „Parlament“, dem ältesten Karnevalsverein Krefelds, im Stadtwaldhaus. Die Krefelder Tollitäten fehlten ebenso wenig wie die Stahldorfer Tanzgarde, das Willicher Prinzenpaar oder der Vorsitzende der KG „Grönland“, Fabian Langheim. Trotz seiner erst 25 Jahre wurde er für seine großen Verdienste als Brauchtumspfleger zum fünften Ehrenrat der Gesellschaft ernannt.

Sieben Damen und vier Herren der KG Grenztal fielen auf: Die prächtigen Rokoko-Kostüme sorgten für eine spontane Einladung auf die Bühne. Parlaments-Vorständler Jean-Marie Bossier nutzte die Gunst der Stunde und bat die Grenztal-Präsidentin Brigitte Schommer zum Tanz. In die Bütt stiegen Frank Friedrichs als eine „Jummibotz“ aus Köln und die kecke Oberschwester Helga Schmitz. Und sogar ein „Club Anonymer Bekennender Bekloppter“ sorgte für Stimmung: als Kölner Newcomerband „CABB“.

Bei der Sitzung der KKG „Nette stölle Jonges“ im Goldenen Hirschen am Wochenende begeisterten wieder die Eigengewächse des Vereins — so die „Doof Nuet“ Erich Gitzelmann. Der 73-Jährige tritt in diesem Jahr von der närrischen Bühne ab. Die Kostümierten im Saal applaudierten nicht nur den Routiniers, sondern auch den vielen Nachwuchskünstlern: So der zwölfjährigen Rebecca Colling, die sich bei ihrer Premiere an den letzten Urlaub erinnerte und von ihrem Vater schwärmte. Ihr Vater Frank (48) tanzte wenig später zum Ohrwurm „Atemlos“.

Anstatt des Helaus hatten sich die vielen Interpreten das „Breetlook“ und die Raketen mehr als verdient. Stark war auch die von Johanna und Laura trainierte blau-rote Kindertanzgarde, die Crazy Girls oder die Stimmungssänger, für die Georg Dyba Texte und eine Hommage an Udo Jürgens schrieb. Heinz Kohr schoss als „Senkendeckel Pitter“ seine Gags ab. Die von Markus Giesen geleitete Hauskapelle kam mit den Tuschs kaum nach.

11.11 Uhr am Sonntagvormittag ist für eine Karnevalssitzung ungewöhnlich, aber auch konkurrenzlos. 400 Gäste erleben auf der 15. Pappnasensitzung unter dem diesjährigen Motto „Kreuzfahrt und Kutter Kaperfahrt“, wie die Piraten Frank Tichelkamp als Frank II. und Annika Jagusch als Käpt’n Blaubär alias Annika I. zu karnevalistischen Ehren gelangen. Denn es ist eine Spezialität des gemeinnützigen Brauchtumsvereins, im Verlauf ihrer Sitzung zwei besonders schön verkleidete Personen aus dem Publikum zum Saalprinzenpaar zu küren.

Als roter — besser: blauer Faden — zog sich das Leben auf Schiffen durch die Sitzung. Zum Warmwerden am Anfang wurde nicht geschunkelt, sondern gerudert. Dann stöhnten Käpt’n Jeck und Schwaadsack Andreas Dams über die schweren Zeiten für Piraten. Keine Beute bzw. hochrangige Personen in Sicht, um Lösegeld zu erpressen! Doch mit Prinz Wolfgang II. aus Gellep-Stratum fand sich doch ein Opfer.

Für beste Stimmung am Mittag sorgten auch Engel Hettwich, nach der offensichtlichen Gewichtsklasse, ein Jumbo-Schutzengel, und dagegen leichtfüßig akrobatisch mit gleichzeitig viel Wortwitz und Situationskomik Tante Luise und Herr Kurt.