Interview Nächste Hilfsfahrt geht nach Serbien

Ein Quartett junger Krefelder berichtet vom Hilfskonvoi für Flüchtlinge, von Not und Elend vor Ort.

Foto: privat

Krefeld. Vom 6. bis 13. November waren vier Krefelder über tausende Kilometer mit zwei Transportern Richtung Süden unterwegs, um Flüchtlingen auf ihrem Weg nach Norden mit Bergen an gespendeten Wintersachen zu helfen. Die WZ sprach mit Marc Singer und Patrick Richardt über ihren Trip auf den Balkan. Teil des Quartetts waren außerdem Thomas Warobiow und Jan Schmitz.

Herr Singer, wo und mit wem konnten Sie die Hilfsgüter übergeben?

Marc Singer: Alle mehr als 250 Kartons wurden in den Flüchtlingscamps vor Ort übergeben. Wir haben dabei mit Hilfsorganisationen wie dem Uno-Flüchtlingshilfswerk UNHCR, Caritas, Rotes Kreuz und privaten Organisationen zusammengearbeitet. Die Sachen werden dringend benötigt, angesichts der bald wieder eisigeren Temperaturen auf dem Balkan. Insgesamt haben wir eine Strecke von mehr als 3500 Kilometern pro Transporter zurückgelegt. Die Route führte von der österreichisch/slowenischen, über die slowenisch/kroatische bis zur slowenisch/ungarischen Grenze.

Welche Bilder haben Sie in Ihren Köpfen?

Patrick Richardt: Die Situation vor Ort war geprägt durch eine kurze Phase der Entspannung, bedingt durch den Fährstreik in Griechenland und ungewöhnlich milde Temperaturen. Dann aber stieg die Zahl derer, die die Balkanroute durchqueren, wieder sprunghaft an. Die Kapazität der begrenzten Lager kann den Ansturm der verzweifelten Menschen sichtlich nur schwer bewältigen. Immer wieder kommt es zu Engpässen, insbesondere ausgelöst durch neue Grenzwälle und Restriktionen an den Ländergrenzen. Jeder neue Stacheldrahtzaun und jede Transitzone führen zu einem unverantwortlichen Rückstau im davorliegenden Land. So bilden sich Zonen sogenannter „Niemandsländer“, in denen die Menschen eng zusammengepfercht von Militär und Polizei bewacht werden und die Hilfsorganisationen oftmals keinen Zugang haben.

Wie werden die Flüchtlinge versorgt?

Singer: Die Lage ändert sich mehrmals täglich. Mal fehlt es schlicht an Wasser und Essenspaketen, dann an einer Plane, die die Menschen wenigstens zum Schutz vor Bodenfrost unterlegen könnten. Die Flüchtlinge haben zum Teil bereits Monate der Strapazen hinter sich und wirken entkräftet. Viele Familien sind auseinandergerissen, und wissen oft nicht, wo sich ihre nächsten Verwandten nun befinden. Ihre Situation verschlimmert sich durch den nun hereinbrechenden Winter.

Ihrem Spendenaufruf sind überwältigend viele Krefelder am Schlachthof und am Westwall gefolgt. Was und wie viel wurde gespendet?

Richardt: Jede Initiative ist eine kleine Linderung des Leids. Zur Verdeutlichung der angekommenen Hilfe, hier die großen Mengen an Spenden: Über 350 Pullover, 600 Winterjacken, mehr als 800 Paar Socken und Schuhe, mehr als 500 Handschuhe und Schals, 900 Decken, Taschenlampen, Planen, Matten, viele Schlafsäcke und Kartons mit Baby- sowie Kinderkleidung. Außerdem wurden auch die Helfer vor Ort mit einfachsten Sachspenden wie zum Beispiel klinischen Handschuhe unterstützt. Hinter jeder Einheit steht einer, der sie gespendet hat und ein Mensch, der wenigstens zum Teil gegen die Kälte geschützt ist.

Ist Ihre Mission damit beendet?

Singer: Nein. Die Krefelder Initiative, unterstützt durch die logistische Hilfestellung von Manfred Lischka, der ein Ingenieurbüro in Neukirchen-Vluyn leitet, konnten wir wichtige Kontakte zu Hilfsorganisationen und Initiativen vor Ort knüpfen. Diese werden in den nächsten Wochen genutzt, um weitere Kleidersendungen in die Brennpunkte zu schicken. Ziel ist dann auch Serbien. Alles was die Krefelder abgeben, wird dort ankommen, wo es gebraucht wird.

Haben Sie ein Schlusswort, ein Fazit gezogen?

Singer/Richardt: Das Freundesteam ist bewegt vom Schicksal, das die heimatlos Gewordenen, über sich ergehen lassen müssen. Es wurde mehr als deutlich, dass niemand eine solche Tortur ohne Not auf sich nimmt. Wir waren aber auch begeistert von den vielen Unterstützern. Toll wäre es, wenn diese Aktion Nachahmer findet.