Sie hat die Montessori-Lehre bis nach Russland getragen

Tina Everhardt: „Holz ist der Stoff, der Kindern Spaß macht und sie fördert.“

Tina Everhardt ist anerkannte Expertin auf dem Gebiet der Montessori-Pädagogik.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Krefeld. Familie und Freunde behaupten oft mit einem Augenzwinkern, Tina Everhardt könnte auch Frau Montessori heißen. So sehr habe sie die Reformen der italienischen Ärztin, die die gleichnamige Pädagogik entwickelt und ihr den Namen gab, verinnerlicht. Nachdem Everhardt 34 Jahre das Montessori-Kinderhaus in Oppum geleitet hat, startete sie beruflich noch einmal neu durch und trägt die besondere Pädagogik in die halbe Welt.

Sie war schon in Österreich, der Schweiz und früher oft in Ost-Berlin. In diesem Jahr weilte die Pädagogin bereits viermal in Moskau. Dort brachte die 64-Jährige Lehrern, Ärzten und Heilpädagogen, die in Kinderheimen arbeiten, die besondere Pädagogik nahe. „Genau genommen dient das Projekt der frühkindlichen Bildung und ist ein Qualitätskurs für die Leitungen und Mitarbeiter von ausgesuchten Einrichtungen der Stadt Moskau und das sind die Kinderheime“, erklärt die Pädagogin.

Montessori-Pädagogik bedeutet Selbsterziehung in einer didaktisch vorbereiteten Umgebung. „Das Kind muss gutes Material vorfinden, um seine Fähigkeiten zu entwickeln und zu fördern. Es sind ganz kleine Übungen, um es auf das praktische Leben vorzubereiten. Denn Kinder wollen all das nachahmen, was die Großen täglich machen. Sei es Fenster putzen oder im Garten arbeiten.“

Montessori-Material rege die Kinder zum selbständigen Lernen an, sagt Everhardt und ihre Begeisterung für die Arbeit ist geradezu spürbar. Es biete den Kindern einen spielerischen Anreiz zur Beschäftigung, weil es die Sinne anspricht, erklärt sie weiter. „Es gibt alleine 200 verschiedene Sinnesmaterialien. Es steht aber auch für unterschiedliche Wissens- und Erfahrungsgebiete wie Sprache und Mathe zur Verfügung. „Das Lernen mit Montessori-Materialien macht Kindern Spaß und fördert sie sehr.“ Plastik kommt dabei nicht vor, Holz ist der Stoff, aus dem es gemacht wird.

Zehn Jahre lang besuchte sie in einem Austausch mit der Bezirksregierung und in Zusammenarbeit mit der Uni Münster die russische Stadt Belgorod, nahe der ukrainischen Grenze „Wir haben die Pädagogik dort bekannt gemacht und sie ist ganz toll angekommen.“ Meistens verläuft der Unterricht mit Hilfe eines Dolmetschers. Wenn es keinen gibt, ist Englisch die Umgangssprache. Die Anleitungen fürs Material werden ebenfalls übersetzt.“ Zurzeit sei der Besuch in Russland recht schwierig, spricht sie die politische Situation an.

Aber auch hier hat die engagierte und sympathische Frau viel zu tun. Sie leitet einen Diplom-Kurs für die Montessori-Pädagogik an der VHS in Krefeld und Kleve und nimmt auch die Prüfungen ab. Sie stellt ein Kinderhaus in Viersen auf diese Pädagogik um und überarbeitet das Materialbuch für die VHS-Kursteilnehmer. Ein Gedankenaustausch mit allen Kollegen der Montessori-Einrichtungen in Krefeld ist geplant.

Ihr Mann, der frühere Leiter des Grünflächenamtes, Armin Everhardt, sagt mit einem Lächeln: „Ich sehe meine Frau nach der Pensionierung seltener als zuvor. Ich unterstütze sie bei der tollen Arbeit.“