Sperrmüll-Reportage: Wenn das halbe Wohnzimmer auf dem Bürgersteig steht
Der Sperrmüll der Bürger wird immer mehr. Die GSAK kommt mit der Abfuhr kaum nach.
Krefeld. Werner Fischer schlägt die Hände über dem Kopf zusammen. „Die Mengen, die hier liegen, sind doch nicht mehr normal.“ Der 59-Jährige blickt mürrisch auf einen riesengroßen Haufen von Regalen, Holzbrettern, alten Sofas und Fahrradreifen. Werner Fischer ist seit 38 Jahren Mitarbeiter der GSAK, seit neun Jahren fährt er bei der Sperrmüllabfuhr mit.
Es ist Dienstagmorgen, die Sonne knallt auf das orangefarbene Sperrmüllfahrzeug der GSAK, die Klimaanlage läuft auf Hochtouren. Werner Fischer sitzt hinterm Steuer, neben ihm seine beiden Kollegen Karl-Heinz Mertens und Michael Störtebecker.
Fischer wirft auf einen Blick auf den Einsatzplan. „Unser erster Halt ist am Saxhof in Stahldorf.“ Der GSAK-Mitarbeiter wirkt leicht genervt. „Das ist eine der schlimmsten Ecken“, sagt er, wohl wissend, dass ihn und seine beiden Kollegen dort das Schlimmste erwarten wird.
Als Werner Fischer und sein Team gerade um die Ecke am Saxhof einbiegen, bewahrheitet sich Fischers Vorahnung. Vor dem vereinbarten Wohnhaus ist ein fast zwei Meter hoher Turm von Sperrmüll aufgebaut, der einen für einen kurzen Moment nur staunen lässt.
„Das ist eine Unverschämtheit“, sagt Fischer sichtlich gereizt. Das ist kein Sperrmüll mehr. Das ist die reinste Entrümpelung.“ Ihm und seinen Kollegen bleibt aber leider nichts anderes übrig, als den Bürgersteig von genau diesem Unrat zu befreien.
Mit vereinten Kräften landen gebrochene Holzbretter, verstaubte Teppiche mit Blümchenmustern und weiße Tischplatten in dem GSAK-Wagen. Genauso ein schwarzer Stiefel, Tennisschläger und alte Lautsprecher. „Dort wird alles zerschreddert. „Wenn man da rein kommt, ist man platt“, sagt Fischer. Nur langsam wird der riesen große Haufen kleiner.
Der Hauseigentümer, der, so scheint es, die gesamte Inneneinrichtung seines Hauses auf die Straße verlagert hat, kennt die Regen der Sperrmüllabfuhr nicht im geringsten. So fällt beispielsweise eine Toilettenschüssel nicht in die Kategorie Sperrmüll.
Genauso wenig können totale Entrümpelungen von Kellern und Dachgeschossen von der Sperrgutabfuhr durchgeführt werden. Eigentlich. „Wir nehmen das jetzt auch mit, sonst müssen andere Mitarbeiter von uns wieder hierher kommen. Da können wir es auch gleich einsammeln“, sagt Fischer genervt.
Für Toilettenschüsseln oder Entrümpelungen von Kellern bieten GSAK und andere Anbieter im Stadtgebiet Containerdienste an. Der Hauseigentümer, der namentlich nicht genannt werden möchte, schaut sich die Abfuhr zufrieden lächelnd von der anderen Straßenseite aus an. „Ich arbeite ja nicht bei der Stadt. Woher soll ich wissen, dass das nicht alles Spermüll ist. Zumindest habe ich die Sachen vernünftig hingestellt.“ Glaubt er.
Tatsächlich sieht der wackelige Haufen vor seiner Haustüre ziemlich einsturzgefährdet aus. Defekte Regenschirme ragen hinter einem beigefarbenen Stoffsofa hervor, zwei Putzbesen lehnen an einem alten Herd, aus einem Bügelbrett stehen spitze Metallstifte hervor.
Eine halbe Stunde dauert es, bis der gesamte Sperrmüll und das, was dort eigentlich nicht hingehört, im Wagen der GSAK gelandet und zerschreddert ist. Werner Fischer und sein Team hätten nach dieser ersten Abfuhr am liebsten schon wieder Feierabend.
„So macht das keinen Spaß“, sagt Fischer. „In Krefeld wird es immer schlimmer. Die Leute stellen immer mehr Sperrmüll raus.“ Besonders schlimm sei es im Südbezirk und in der Innenstadt.
„Durch das ganze Bücken und Tragen hält man sich fit“, sagt Karl-Heinz Mertens. Ins Fitnessstudio brauchen die Männer nach getaner Arbeit sicherlich nicht mehr. Feierabend haben die drei Männer aber auch noch lange nicht.
Noch 30 Stationen hat das Sperrmüllteam vor sich, dabei ist der Wagen jetzt schon fast voll. „Noch so eine große Ladung wie gerade und wir müssen abladen“, sagt Fischer.
Tatsächlich, eine Stunde später fährt der Wagen der GSAK bei der Müllverbrennungsanlage auf der Parkstraße 124 vor. Behutsam lenkt der Fahrer den mit etwa acht Tonnen Müll beladenen Wagen an die Kippstelle.
Vom Fahrerraum aus entriegelt er die Klappe und der geschredderte Müll landet im sogenannten Bunker. Von dort aus geht es für die zerkleinerten Sofas, Regenschirme und Toilettenschüsseln in die Verbrennungsanlage.
Der Wagen der GSAK ist wieder leer. Fischers Magen mittlerweile auch. „Wir brauchen erst mal eine Pause“, sagt er. Viel Zeit dafür bleibt aber nicht. Die nächsten Couchgarnituren und Matratzen warten schon.