Theater gegen Sprachprobleme
Jugendliche Migranten lernen beim „Talentcampus“ in der VHS spielend die deutsche Sprache.
Krefeld. In Polen hat Tamara Hiphop getanzt — aber auf der Bühne im Muchesaal der Volkshochschule Krefeld zeigt sie, dass sie auch als Primaballerina einiges drauf hat. Seit einem Jahr lebt die 13-Jährige hier. Sie ist in der ersten Ferienwoche jeden Tag freiwillig in die Volkshochschule gekommen. Das Ziel: Gemeinsam mit 15 anderen jugendlichen Migranten will sie in einem Kooperationsprojekt der VHS, des Kommunalen Integrationszentrums und der BI Rund um St. Josef im „Talentcampus“ etwas über die deutsche Sprache und Kultur dazulernen.
Wie die anderen Teilnehmer, die alle zwischen zehn und 18 Jahre alt sind, hat Tamara noch nie auf einer Bühne gestanden. Sie kennt das Wort Lampenfieber noch nicht, aber sie sagt: „Ich habe ein bisschen Angst.“
Als sie nach ihrer kurzen Tanzeinlage zurück hinter die Bühne kommt, versteckt sie zuerst ihr Gesicht in den Händen. Dann lacht sie: „Geschafft!“ Auch den anderen jungen „Schauspielern“ ist ihre Aufregung anzumerken. Sie haben das Stück „Hanna und Gretel“, eine kurze Revue durch vier Länder und einen „Hexenwald“, frei nach „Hänsel und Gretel“, zwar selbst mit entwickelt, aber sie hatten nur vier Tage Zeit bis zur Aufführung. Zudem haben viele noch große Probleme mit der deutschen Sprache.
Aber deshalb sind sie ja gekommen. Simone Kind, Dozentin für Deutsch als Zweitsprache, die das Projekt gemeinsam mit dem Theaterpädagogen Chris Kühne für die Jugendlichen leitet, sagt: „Wir haben hier zehn verschiedene Nationalitäten, und die Jugendlichen besuchen alle Schulformen. Sie haben ganz unterschiedliche Dinge im Kopf. Aber wenn sie Theater spielen, konzentrieren sie sich, probieren sich aus, und sie lernen spielerisch sprechen — und freiwillig!“
Zum Beispiel Höflichkeitsformen: In dem Stück gibt es immer wieder freundliche Begrüßungen: Gegenüber der Mafia, Graf Dracula oder auch einer afrikanischen Königin. Und diejenigen Kinder, die nicht auf der Bühne stehen und „freiwillig“ etwas sagen wollen, können sich auch betätigen: Bühnenbilder zeichnen, Kostüme basteln, Geräusche machen — oder eben tanzen, so wie Tamara.
Sie wechselt nach den Sommerferien übrigens von der Hauptschule in die Realschule — da wird ihr das Selbstbewusstsein, das sie im „Talentcampus“ dazugewonnen hat, nutzen.