Villa Girmes wird zum Hof der Zarin Katharina
Schüler der Robert-Jungk-Gesamtschule drehen in Oedt einen Film über Russlanddeutsche.
Krefeld. Gar vornehm geht’s zu bei Hofe, die Zofe reicht ehrfürchtig Tee, Zarin Katharina lächelt huldvoll, sie weiß die Menschen zu gewinnen. Lockt viele Deutsche nach Russland, deren Nachfahren heute wieder teilweise in Deutschland zu leben.
Genau um sie geht es in einem Film, für den seit Montag Schüler der Hülser Robert-Jungk-Gesamtschule in der historischen Villa Girmes in Oedt proben. „Wir drehen über die Geschichte der Russlanddeutschen“, erklärt Michael Cornély den Sinn der Sache. Der Lehrer sowie rund 35 Schüler machen mit mit beim „History Award“ zum Thema „Regional, global, digital - Wo ist deine Heimat?“.
Den Wettbewerb hat der Fernsehsender „History“ ausgelobt. Die Geschichte zum Projekt war schnell geboren Bei Überlegungen zum Thema Heimat und Herkunft im Unterricht „fiel uns auf, dass wir etliche russlanddeutsche Schüler haben, was den Mitschülern kaum bekannt war“, erzählt Cornély. So war die Story schnell geboren.
Nicht von ungefähr ist die Villa Girmes ein Schauplatz des Filmes: „Hier können wir wunderbar die Szenen bei Hof drehen, alles historisch, festlich, ideal“, lobt Cornély. Angetan sind auch die jungen Schauspieler, die sich in historische Kostüme geschmissen haben. Geschmissen? Von wegen: „Es ist gar nicht einfach, ein Korsett zu schnüren“, verrät Nicole. Ihr Schauspielkollege Justin müht sich, noch schnell in viel zu große Stiefel zu schlüpfen.
Die Schüler der Klassen acht bis zwölf sind mit Ernst und Eifer bei der Sache. Kaum Gekicher, die Neugier überwiegt: Wie fühlt sich so ein historischer Degen an? „Vorsicht, die Klinge ist spitz“, mahnt Cornély. Einen Riesenfundus an Kostümen und Utensilien haben sie zusammengetragen, schließlich werden Szenen aus zwei Jahrhunderten gespielt. Außer in Oedt soll deshalb noch im Freilichtmuseum Grefrath und in einer Kaserne in Köln gedreht werden. Zu den Gesamtschülern gesellen sich dann noch erfahrene Schauspieler.
Und darum geht’s: Im 18. und 19. Jahrhundert wanderten hunderttausende Deutsche ins damalige Russland aus, die meisten nach Saratow an der Wolga, weshalb sie Wolgadeutsche genannt wurden. Unter den Zaren etabliert, von den Sowjets schikaniert, im II. Weltkrieg vielfach nach Sibirien deportiert, danach in Kasachstan angesiedelt.
Nach Ende des Kalten Kriegs kamen viele Russlanddeutsche zurück nach Deutschland - auch an den Niederrhein. „Wir wussten eigentlich vorher kaum was über Russlanddeutsche, haben aber schon eine Menge gelernt“, sagt die junge Mimin Alina. Außerdem könne sie so mal in die Schauspielerei reinschnuppern. Selbstständig sollen die Schüler arbeiten: „Ich geb’ nur Tipps und Anregungen“, sagt Cornély.
Am Dienstag gibt es Verstärkung: „Dann kommt Friedrich der Große dazu“, so der Lehrer. In die Rolle schlüpft Rolf Zahren, der auch schon am Rokoko-Wochenende an der Dorenburg als „Alter Fritz“ zu sehen war.