Wer hat wann was gewusst?

Die WZ beantwortet die wichtigsten Fragen zur versehentlichen 800 000-Euro-Überweisung der Stadt.

Krefeld. Im Skandal um versehentlich überwiesene 800 000 Euro nimmt der Druck auf die Stadtverwaltung weiter zu. Insbesondere die Tatsache, dass die Gewerbesteuererstattung an ein wenige Tage später insolventes Unternehmen fast zwei Jahre lang geheim gehalten wurde, sorgt für massive Kritik.

Die richtet sich insbesondere gegen Gregor Kathstede. "Der Verdacht der amtlichen Untreue durch den Oberbürgermeister ist nicht auszuschließen", sagt Hans Butzen (SPD). Die WZ nennt Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Auf Empfehlung des Finanzamtes sollte die Gewerbesteuer-Vorauszahlung eines Unternehmens mit der Steuerschuld einer Schwesterfirma verrechnet werden. Damit waren beide Firmen einverstanden. Dies ergab eine Erstattungssumme von insgesamt 14965 Euro. Es erfolgten allerdings mehrere Fehleingaben im Computer, die nur zum Teil kontrolliert wurden, aber auch dabei nicht auffielen.

Der Fehler geschah im Juni 2008 im Fachbereich Zentraler Finanzservice und Liegenschaften, dem Michael Ahlers vorsteht. Von dort ordnete ein Sachbearbeiter in einer Mail an die Kämmerei an, den Betrag von 796039 Euro an die Firma zu überweisen. Die Zahlung erfolgte am 7. Juli. Am 23. Juli meldete das Unternehmen Insolvenz an. Sowohl der Fachbereich als auch die Kämmerei liegen im Geschäftsbereich von Stadtkämmerer Manfred Abrahams. Das später eingeschaltete Rechnungsprüfungsamt leitete Gudrun Hahnen-Michanickl, nach ihrem Wechsel ins Rechtsamt übernahm Wolfram Gottschalk die Leitung.

Durch eine Gewerbesteuerabmeldung fiel Ende Oktober 2008 auf, dass die im Juli erfolgte Überweisung falsch war. Anfang November wurde Fachbereichsleiter Michael Ahlers informiert. Er will den Vorgang dann geprüft haben. Am 8. Mai 2009 wurde laut dem Prüfbericht Stadtkämmerer Manfred Abrahams - er ist vorgesetzter Geschäftsbereichsleiter - informiert, am 12. Mai das Rechnungsprüfungsamt eingeschaltet. Deren Leiterin Gudrun Hahnen-Michanickl soll Oberbürgermeister Gregor Kathstede am 13. Mai 2009 in Kenntnis gesetzt haben. Die Prüfer recherchierten dann, ob es sich "nur" um einen Einzelfall handelte. Einen Vorab-Bericht soll Kathstede im Dezember erhalten haben.

Finanzpolitiker wollen allerdings erfahren haben, dass für den Bericht nur knapp vier Wochen benötigt wurden und dieser Kathstede spätestens im August 2009 - also kurz vor der Kommunalwahl - vorlag. Zudem soll der jetzt veröffentlichte Prüfungsbericht gegenüber der Ursprungsversion erheblich gekürzt worden sein. Der Bericht ist den Politikern des städtischen Rechnungsprüfungsausschusses erst am 12. Mai 2010 zugeleitet worden, obwohl die internen Vorgaben der Stadt deren Information allein schon beim Verdacht einer Unregelmäßigkeit vorsehen.

Die Stadt hat die Eigenschadensversicherung eingeschaltet, allerdings fünf Monate zu spät. Begründet wird dies mit der internen Prüfung. Es ist unklar, ob sie aufgrund des Verzugs überhaupt zahlt. Die Deckungssumme liegt ohnehin nur bei maximal 50 000 Euro. Zwar hat die Stadt ihre Forderung am 12. Juni 2009 beim Insolvenzverwalter Eberhard Stock geltend gemacht. Die Insolvenzmasse liegt allerdings deutlich darunter (siehe Kasten "Der Insolvenzverwalter"), und es sind mehrere Gläubiger zu bedienen, unter denen die Stadt keine herausgehobene Stellung einnimmt.

Diese Frage wird in den nächsten Wochen und Monaten zu klären sein. Abhängig ist dies insbesondere von den Untersuchungen, mit denen jetzt externe Stellen beauftragt werden. Noch vor der Sommerpause soll es eine Sondersitzung des Rechnungsprüfungsausschusses geben, in der sich die Politiker erste Ergebnisse erhoffen. Die SPD hat beantragt, zu diesem Thema eine öffentliche Sitzung einzuberufen. Üblicherweise tagt der Ausschuss aufgrund schützenswerter Daten stets nicht-öffentlich.