Die quälende Frage nach dem Warum von Mircos Tod bleibt

Die Besucher des Prozesses in Krefeld zeigen Anteilnahme und applaudieren dem Richter.

Krefeld. Wie nach jedem Prozesstag packt Bärbel Pfisterer am Ende ihre große bunte Tasche und geht mit gesenktem Kopf aus dem Saal. Sie hat sich dunkel gekleidet. „Ich möchte zeigen, dass ich mit den Eltern trauere“, sagt sie leise. Andere Zuschauer hatten versucht, eine schwarze Rose oder ein kleines Holzkreuz in den Saal zu bringen. Das wurde als Provokation zurückgewiesen.

Bärbel Pfisterer war bei fast allen Prozesstagen im Krefelder Landgericht. Jedes Mal ist sie eigens aus Dortmund gekommen. Jetzt weint sie. „Das Urteil macht den Jungen auch nicht mehr lebendig“, bringt sie stockend hervor. Sie hat Mirco nicht gekannt. Aber sie hat selbst einen Sohn. „Der stieg in ein Auto, als er etwas älter als Mirco war, weil er mich suchte.“ Zum Glück sei der Mann, der ihn mitnahm, wirklich hilfsbereit gewesen. „Aber ich musste daran immer denken, was hätte passieren können.“

Die Dortmunderin hat applaudiert, als Richter Herbert Luczak am Donnerstag um 13.04 Uhr fertig war mit der Urteilsverkündung. Den Beifall untersagt der Richter aber sofort: „Bitte wahren Sie die Würde des Gerichts. Es darf nicht der Eindruck entstehen, die Kammer hätte mit diesem Urteil eine öffentliche Erwartungshaltung befriedigen wollen.“

Zwei Minuten dauert die Urteilsverkündung, fast eine ganze Stunde die Begründung. Das Gericht schließt sich dabei teilweise wörtlich dem Plädoyer von Nebenklage-Anwältin Gabriele Reinartz an. Das Gericht habe keinen Zweifel daran, dass Olaf H. „das, was er getan hat, von Anfang an tun wollte“.

In der Urteilsbegründung zeigt der Richter nicht nur auf, wie die Ermittler mittels eines Handy-Daten-Vergleichs auf Olaf H. als möglichen Täter gekommen sind, er zeichnet auch die letzte halbe Stunde in Mircos Leben so genau nach, wie es die spärlichen Aussagen des mutmaßlichen Täters zulassen.

Mircos Eltern hören konzentriert zu. Als es um den sexuellen Missbrauch geht, muss sich die Mutter über die Augen wischen. Richter Luczak spricht von der Angst des Jungen, der genau gewusst habe, dass etwas Schreckliches mit ihm passieren werde. „Das, was er durchleben musste, dieses Leiden, gebietet die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld“, sagt Luczak.

Die wichtigste Frage, nämlich die nach dem „Warum?“ haben die Eltern aber im Prozess nicht beantwortet bekommen. „Diese Frage steht heute genau wie am ersten Prozesstag im Raum“, sagt ihre Anwältin. Ob sie jemals beantwortet wird, ist fraglich.

Sein Mandant Olaf H. wolle mit einem Kriminalpsychologen zusammenarbeiten, um sich der Tat zu stellen und vielleicht selbst die Hintergründe zu begreifen, sagt desssen Verteidiger Gerd Meister.