Mircos Eltern treffen erstmals auf den mutmaßlichen Mörder

Als Zeugin beschreibt die Mutter ihren Sohn als ein selbstbewusstes, liebenswertes und zuverlässiges Kind.

Krefeld. Für sie beide muss es ein gewaltiger psychischer Kraftakt gewesen sein: Am Donnerstag trafen Sandra und Reinhard S. zum ersten Mal auf den mutmaßlichen Mörder ihres Sohnes Mirco.

Mutter Sandra sagte vor der Schwurgerichtskammer im Landgericht Krefeld aus, beschrieb auf Wunsch des Gerichts das Wesen ihres Kindes. Die Schwurgerichtskammer will so überprüfen, wie glaubwürdig die Aussagen von Olaf H. sind, der den Kindesmord in unterschiedlichen Tatversionen gestanden hat.

Mit ruhiger, gefasster Stimme, manchmal sogar mit einem leichten Lächeln, schildert die 35-jährige Sandra S. zwanzig Minuten offen und liebevoll das Wesen von Mirco, sein typisches Verhalten. Ihr Junge sei ein lebhaftes Kind gewesen, offenherzig, hilfsbereit und ohne Scheu.

Ein ganz besonderes Verhältnis habe Mirco zu seinem Fahrrad gehabt. „Er hat mit Engelszungen auf uns eingeredet, dass wir ihm erlaubt haben dieses Rad zu kaufen. Den größten Teil des Geldes hatte er selbst gespart, den Rest haben wir ihm dazugetan. Er und sein Rad, das war eine Einheit.“

Nie hätte Mirco sein Rad allein gelassen, niemals es achtlos auf einer Wiese liegen lassen. „Als wir erfuhren, dass das Rad gefunden worden ist, wussten wir, dass mit Mirco etwas passiert sein musste“, sagt Mutter Sandra.

Während der ganzen Zeit ihrer Aussage blickt Sandra S. meist nach vorn zu Richter Luczak, ab und zu auch nach rechts zu ihrem Mann Reinhard, der bereits zum Beginn des Verhandlungstages auf der Nebenklägerbank Platz genommen hatte.

Nur nach links schaut sie während der gesamten Aussage nie. Denn links von ihr sitzt Olaf H., der zwei Tage zuvor gestanden hatte, Mirco entführt, sexuell missbraucht und dann ermordet zu haben. Er starrt meist mit leerem Blick vor sich hin. Ab und zu versucht er, Blickkontakt mit Mircos Vater aufzunehmen. Doch auch der würdigt ihn kaum eines Blickes.

Äußerlich gelassen verfolgt er die Aussagen seiner Frau. Seine innere Anspannung erkennt man jedoch an seinen Händen, die er fast unablässig knetet.

„War Mirco ordentlich? Was hat er normalerweise mit seiner Kleidung gemacht, wenn er sich ausgezogen hat?“, fragt Richter Luczak. Mutter Sandra antwortet ohne Zögern: Mirco sei sehr ordentlich gewesen, habe seine Kleidung vor dem Zubettgehen immer ordentlich über den Stuhl gehängt.

„Hat er seine Hosen auch mal auf links gedreht?“, fragt Richter Luczak fast beiläufig. Prompte Antwort: „Nein, nie. Die Hosen hingen immer so da, dass er am nächsten Morgen sofort wieder hineinschlüpfen konnte.“

In seinen Aussagen hatte Olaf H. zweimal behauptet, Mirco hätte sich selbst ausgezogen. Doch als nach der Tat die Hose des Jungen gefunden wurde, war sie auf links gedreht.