Pflege: Kandidaten sehen großen Handlungsbedarf

Die Verdi-Wahlkampfveranstaltung lockte allerdings nur wenige Besucher ins Rathaus.

Foto: Stefan Fries

Wuppertal. Dafür dass sich Deutschland im demografischen Wandel mitsamt seinen gravierenden Folgen befindet, war die Resonanz auf die Wahlkampfdiskussion der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Bezirk Wuppertal-Niederberg, erschreckend gering. Exakt fünf Besucher (inklusive Medienvertreter) erschienen am Freitagabend im Ratssaal in Barmen, um sich mit sechs Landtagskandidaten, einer Verdi-Vertreterin und einem Moderator über das Thema „Pflege“ zu unterhalten. Organisatoren, Politiker und Besucher mühten sich trotz des ernüchternden Publikumsinteresses um eine breitangelegte Diskussion.

Am Ende der gut zweistündigen Debatte gab es immerhin einen parteiübergreifenden Konsens. Die Kandidaten von SPD, CDU, FDP, Grünen, Linken und Piraten waren sich einig, dass die Politik mehr für die Pflege tun und dass der Beruf der Pflegerin und des Pflegers in der Gesellschaft noch mehr wertgeschätzt werden müsse, um drohende Engpässe beim Nachwuchs auszugleichen.

Moderator Marcus Kiesel legte zum Auftakt der Diskussion gleich den Finger in die Wunde und verwies auf die schlechte Personalausstattung in den Pflegeheimen. In Deutschland kümmere sich im Durchschnitt eine Pflegefachkraft um 10,3 Patienten, in Norwegen sei das Verhältnis 1:3,8. Es fehle an medizinischer und psychosozialer Betreuung der Senioren, Jobs in der Pflege würden abgebaut.

Die stellvertretende Bezirksgeschäftsführerin Silke Iffländer erklärte, die Politik müsse sich entscheiden, ob die Krankenhäuser und Pflegeheime in Deutschland zur „öffentlichen Daseinsvorsorge“ gehörten oder als reine Wirtschaftsunternehmen angesehen würden.

CDU-Vertreter Hans-Jörg Herhausen betonte, dass in NRW ein besseres Wirtschaftswachstum herrsche müsse, damit sich die Rahmenbedingungen für das Gesundheitssystem verbesserten. Dem hielt SPD-Kandidat Josef Neumann entgegen, dass das Gesundheitswesen bereits jetzt ein wichtiger Wirtschaftszweig sei, in dem allein in NRW 1,3 Millionen Menschen arbeiteten. Je nach Träger gebe es ganz unterschiedliche Einrichtungen. Gleichwohl räumte Neumann ein, dass an den „strukturellen Problemen“ im System gearbeitet werden müsse.

Das sah auch eine Zuhörerin so, die als Pflegedienstleiterin in einem Altenheim arbeitet und von den schwierigen Arbeitsbedingungen berichtete. Nach ihren Worten wird viel zu oft versucht, Menschen in ambulante Pflege zu Hause abzuschieben, weil die stationäre Pflege in den Heimen angesichts der vielen alten Menschen nicht mehr finanzierbar sei.

Linken-Vertreter Cemal Agir und der Piraten-Kandidat Olaf Wegner forderten darum auch eine bessere finanzielle Ausstattung der Einrichtungen und eine bessere Entlohnung der Pflegefachkräfte. Einen für liberale Verhältnisse ungewöhnlichen Vorschlag machte FDP-Mann Marcel Hafke. Er plädierte dafür, für junge Menschen ein verpflichtendes soziales Jahr einzuführen. Damit könnten Jungen und Mädchen einen „Dienst für die Gesellschaft“ leisten - und eventuell entdeckt ja auch die eine oder der andere Interesse an dem Beruf.