Nach elf Jahren endet eine Ära

Die Loveparade begann als Demonstration für Partykultur.

Berlin. Matthias Roeingh alias Dr.Motte, der Erfinder der Loveparade, bringt es auf den Punkt. "Es ist vielleicht besser so", sagt er, nachdem der jetzige Veranstalter das Aus für die Technoparty verkündet hat. Das Unglück von Duisburg ist das Ende einer Ära. Trillerpfeife, Sonnenblume im Haar, Bauarbeiterweste am durchtrainierten Leib, wummernde Bässe, Ecstasy-Pillen und das Gefühl von "Friede, Freude, Eierkuchen" im Bauch - vorbei.

Techno-Pionier Sven Väth ist traurig, dass die Parade, "die einst als friedliche Demonstration für Musik, Club- und Partykultur weit über unsere Grenzen hinaus bejubelt wurde, nun durch solch eine grobe Fahrlässigkeit ein derart dramatisches und fragwürdiges Ende findet".

Als 1989 alles anfing - es war des Jahr des Mauerfalls und der Kanzler hieß noch Helmut Kohl - tanzten 150 Leute im Nieselregen mit drei Wägelchen über den Kurfürstendamm. Mit "fünf Stunden Gänsehaut", wie sich Dr. Motte später erinnert. Die Party passte zum Zeitgeist der 90er, der sorgloser war als heute. Aus der Mini-Karawane wurde ein Millionenspektakel, das oft als Symbol für eine politisch nur mäßig interessierte "Spaßgeneration" herhielt. 1999 kamen 1,5 Millionen Besucher.

Die Loveparade war lange Jahre eine erstaunlich friedliche Party. Der Tiergarten bot viel Platz zum Feiern. Die Bilder der tanzenden Massen an der Siegessäule gingen um die Welt. Ähnlich wie bei der Fußball-WM waren sie im Ausland ein Stück Imagepflege für die vermeintlich verkniffenen Deutschen. Schlagzeilen machten pinkelnde Raver, die Müllberge im Park oder die kilometerweit zu spürenden Basswellen, die Vögel vertrieben. Eine Massenpanik? So etwas gab es nie.

Alles hat seine Zeit. 2001 verlor die Parade ihren Status einer politischen Demonstration. 2004 und 2005 fiel sie wegen fehlender Sponsoren aus. 2006 stieg sie zum letzten Mal im Tiergarten. Heute laufen in den Berliner Clubs Elektro und Techno, die nicht ganz so platt daherkommen. Die DJ-Größen von einst wie Westbam und Marusha sind noch aktiv. Paul van Dyk trat bei den Feiern zum 20. Jahrestag des Mauerfalls auf.

Dr. Motte stieg 2006 aus, weil er fand, dass die Loveparade, die zuletzt von einem Fitnessketten-Betreiber veranstaltet wurde, eine "Dauerwerbesendung" geworden war. Dass die Technoparty im Ruhrgebiet ein noch größeres Millionenpublikum anlockte, war für die Berliner weit weg.